Die Kolonialwarenhandlung

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Vor einigen Tagen sind wir mit einer Gruppe von Arbeitskollegen mit dem Schienenbus von Linz am Rhein das Kasbachtal hoch bis zur alten Brauerei gefahren, um dort einen gemütlichen Abend zu verbringen. Dort oben angekommen, befanden wir uns plötzlich auf einem wunderschön gestalteten Adventsmarkt. Überall gab es helle Lichter und es duftete herrlich nach Weihnachten. Nach den letzten trüben und regnerischen Wochen fühlte ich mich plötzlich in einer ganz anderen Welt und meine Seele atmete so richtig auf.

Nach einer Weile fiel mein Blick auf ein Gebäude, in dem ein Geschäft untergebracht war. Über dem hellen Schaufenster und dem urig anmutenden Eingang stand in großen rustikalen Lettern ein Wort: „Colonialwarenhandlung“. Darüber war noch eine Reihe Fenster und das Dach war rot beleuchtet. Das machte mich neugierig. Der Anblick war so attraktiv – ich musste dieses Geschäft einfach betreten!

Kaum in den Laden eingetreten, stellte ich fest, dass er so eingerichtet war, wie ich es unbewusst erwartet hatte. Alles war so wie in längst vergangenen Tagen. Eine unbehandelte Holzdecke und stützende Balken, ein großer Holztresen, hinter der eine nette ältere Verkäuferin mit Brille stand und ihre Kunden bediente, allerlei Behälter und Gerätschaften für Küche und Herd, Brot in einem großen Regal hinter der Verkäuferin, alte bedruckte Weißblechtafeln mit Werbung für Produkte von früher und so weiter und so fort. Auf dem Tresen stand eine große, brennende Kerze hinter Glas. Ich glaube, wenn ich an diesem Abend alleine unterwegs gewesen wäre, hätte ich wohl noch eine ganze Weile hier verbracht. Ich konnte mich einfach nicht satt sehen!

Erinnerungen

Wenn ich im Rückblick daran denke, kommen mir Bilder aus einer Reihe von Filmen in den Sinn. Kolonialwarenhandlungen gab es früher wohl in vielen Ländern und in jedem größeren Ort. Ursprünglich konnte man dort Waren aus fremden Ländern und aus Übersee, aus den Kolonien eben, kaufen. Wenn man damals solch einen Laden betrat, roch es buchstäblich nach Afrika, Südamerika oder dem Orient. So stelle ich es mir jedenfalls vor. Hier konnte man zum Beispiel lauter ungewöhnliche Getreidesorten, Reis, Zucker, Gewürze, Kaffee, Kakao, verschiedene Tees und Früchte sowie weitere Lebensmittel kaufen. Außerdem wurden dort Stoffe und Garne sowie diverse kleine und größere Kostbarkeiten angeboten. Im Laufe der Zeit kamen dann noch weitere Waren und Gegenstände für den täglichen Bedarf sowie Spielzeug hinzu. Die Kolonialwarenhandlungen waren dabei häufig so gut sortiert, dass dort praktisch keine Wünsche offen blieben. Wie viele leuchtende Kinder- und Erwachsenenaugen in diesen Geschäften wohl gesehen worden sind!

Reich beschenkt

Die gerade beginnende Adventszeit mit ihren hell erleuchteten Märkten macht mir wieder einmal bewusst, wie reich beschenkt wir sind und wie gut es uns geht. Dafür bin ich von Herzen dankbar. Bei all diesem Reichtum möchte ich jedoch nicht vergessen, welche Armut es rings um uns herum gibt. Und diese Armut ist oft ganz nah!

Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

(Johannes 16, 33)

Ich spreche jetzt aber nicht nur von dem Materiellen. Gerade in dieser Vorweihnachtszeit wird mir klar, welchen Mangel viele von uns doch erleiden: Mangelnde Anerkennung, Wertschätzung, Geborgenheit und Liebe. Ein Mangel an Gesundheit und Kraft. Gestörte oder verletzte Beziehungen. Ungelöste Konflikte und ruhelose Seelen. Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit. Darüber nachzudenken macht mich traurig. Leider ist dieser Mangel überhaupt nichts Neues! Dies begleitet die Menschheit beinahe so lange, wie es sie gibt. Und manchmal scheint es so, dass es daraus einfach keinen Ausweg gibt …

Ankunft

Für Christen ist die Adventszeit etwas ganz Besonderes. Sie warten auf die Ankunft des Christkindes. Bereits im Alten Testament heißt es von diesem Kind: „Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.“1 Der Evangelist Matthäus greift dies auf und macht deutlich was dieser Name bedeutet: Übersetzt heißt Immanuel „Gott mit uns“.2 In Jesus Christus kommt Gott uns Menschen ganz nahe. Was uns Geld und Reichtum nicht geben können, das will uns Gott mit und durch seinen Sohn schenken. Mancher Mangel wird bleiben und uns weiter begleiten.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird eure Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren.

(Philipper 4, 7)

Eines aber kann und will er uns auf jeden Fall geben. Und das ist Frieden. Hierbei geht es nicht um den äußeren Frieden, der häufig nicht viel mehr als ein bloßer Waffenstillstand ist. Nein! Es geht um einen inneren Frieden. Einen Frieden im Herzen. Frieden, der da ist, obwohl draußen ein Sturm tobt und wir äußerlich nicht zur Ruhe kommen können. Einen Frieden und eine Zufriedenheit der Seele, die größer sind als all der Mangel, der mir das Leben schwer macht. Und einen Frieden, der höher ist als alle Vernunft und als die äußeren Umstände. Diesen Frieden möchte uns Gott schenken. Dadurch, dass er uns seinen Sohn, den Immanuel, den „Gott mit uns“ gibt. Ich wünsche dir von Herzen, dass du mit mir und vielen anderen in dieser Adventszeit auf diesen Immanuel wartest und dieses Geschenk des tiefen, inneren Friedens ergreifen, erfahren und festhalten kannst!

1 Jesaja 7, 14
2 vgl. Matthäus 1, 23

Bibelverse zitiert aus: Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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