Rolle rückwärts

Lesezeit: 5 Minuten

Photo by Anne Nygård on Unsplash

„Nun aber, da ihr Gott erkannt habt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wie wendet ihr euch dann wieder den schwachen und dürftigen Mächten zu, denen ihr von Neuem dienen wollt?“ (Galater 4, 9)

Wem dienst du eigentlich? Das ist eine Frage, die sich durch die ganze Bibel zieht. Vielleicht ist sie sogar die wichtigste Frage deines Lebens. „Wieso?“, magst du fragen. „Ich bin ein freier Mensch, ich diene keinem! Und überhaupt, wer will schon gerne ein Diener sein?“ Natürlich niemand. Deswegen bekommen wir es intuitiv auch ganz gut hin, uns als unabhängig und frei zu präsentieren. Vordergründig zumindest.

Die Bibel beschreibt uns jedoch anders. Da heißt es zum Beispiel:

Als wir unmündig waren, waren wir geknechtet unter die Mächte der Welt.“ (Galater 4, 3)

Ohne Gott lebten wir wie unmündige Kinder, die unter Obhut und Vormundschaft stehen und die Zusammenhänge des Lebens noch nicht begreifen können. Die Gesetze, Gepflogenheiten, Gewohnheiten und Werte einer gottlosen Gesellschaft bestimmten unser ganzes Leben. Die häusliche Erziehung und das kulturelle Umfeld formten uns und wir dienten – bewusst oder unbewusst – den Erwartungen der Anderen. Und ganz generell gilt doch: Egal wie hoch wir auch die berufliche oder gesellschaftliche Leiter jemals hinaufsteigen können, es gibt immer noch jemanden, dem wir unterstehen und dem wir uns fügen müssen. Ist es nicht so? Die Bibel nennt das Knechtschaft – Knechtschaft unter die Mächte der Welt.

Zu diesen Mächten der Welt gehören aber nicht nur die menschlichen Kräfte oder aber die Naturgewalten. Nein, nein, das Wort Gottes blickt viel tiefer und weiter. Da gibt es auch die Mächtigen und Fürstentümer der unsichtbaren Welt, die das Leben auf unserer Erde beeinflussen und beherrschen.1

Satan ist der Größte dieser Herren der Welt.2 Und er meint es nicht gut mit uns. Der Teufel, wie Satan auch bezeichnet wird, hasst und bekämpft Gott. Da der Mensch Gottes höchstes Geschöpf ist3, versucht der Teufel auch die Menschen zu zerstören. Er treibt seit Erschaffung der Welt unaufhörlich sein Unwesen.

Schon Adam und Eva hatte er im Garten Eden erfolgreich verführt. Und damit kamen Sünde und Tod in diese Welt.4 Von da an galt für die gesamte Menschheit: „Ihr seid Knechte der Sünde gewesen …“ (Römer 6, 17) und „… die erlöste, die durch Furcht vor dem Tod im ganzen Leben Knechte sein mussten.“ (Hebräer 2, 15)

Die Bibel ist also eindeutig und klar: Ohne Gott waren wir nicht frei und unabhängig, sondern Knechte der Welt und des Teufels, versklavt unter Sünde und Tod.

Wir konnten dieser Sklaverei aus eigener Kraft nicht entgehen oder ihr entfliehen. Die Sünde trieb uns zu Gedanken, Worten und Taten an, die anderen, aber auch uns selbst, Schaden zufügten. Der Gedanke an den Tod und die Realität des Sterbens machte uns Angst und ließ uns zittern, ein Leben lang. So waren wir hoffnungslos verloren. Ist dies nicht eine niederschmetternde Beschreibung und Analyse?

Ich finde es wichtig, dass wir uns das immer mal wieder bewusst machen. Das bringt uns auf den Boden der Tatsachen zurück und wir sehen uns, was und wie wir wirklich sind. Vor allem aber macht dies das, was Jesus für uns getan hat, noch einmal größer und wunderbarer. ER hat für uns Sünder und Verlorene sein Leben gegeben und ist am Kreuz gestorben. Damit hat ER uns frei gemacht von Sünde und Tod. Und nur deswegen haben WIR jetzt eine ganz neue und hoffnungsfrohe Zukunft.

Habe ich dazu etwas beigetragen? Ja und nein. Ja, weil ich umgekehrt bin von meinem Leben ohne Gott und mich Jesus anvertraut habe. Ja, weil ich ihn und seine Bedeutung für mein Leben erkannt habe und mich zu ihm als meinen HERRN und Heiland bekenne.

Aber auch nein, weil Jesus vielmehr mich zuvor schon längst erkannt hat. ER hat mich schon gesehen, als ich noch gar nicht geboren war: „Deine Augen sahen mich, da ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war.“ (Psalm 139, 16) Und er hat in mein Leben eingegriffen. Zu einem Zeitpunkt, an dem ich noch völlig ohne ihn unterwegs war.

Der Apostel Paulus fasst sehr eindrücklich in vier Versen zusammen, wie Gott unser Leben gedreht hat, wie er uns erkannt hat:

Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, (5) auf dass er die, die unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Kindschaft empfingen. (6) Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! (7) So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.“ (Galater 4, 4 – 7)

Gottes Gesetz ist gut. Aber auch das Gesetz konnte uns nicht retten und von der Knechtschaft der Sünde und des Todes befreien5, weil wir nicht in der Lage waren die Gebote Gottes vollständig und nachhaltig einzuhalten.

Wozu gibt es dann das Gesetz? Damit wir die Maßstäbe und Anforderungen Gottes und damit ihn selbst besser kennen lernen. Das Gesetz macht deutlich, wie rein, wie heilig und wie herrlich Gott ist. Im Angesicht der Gebote Gottes sollen und können wir unsere Unfähigkeit, unsere Schwäche und Sündhaftigkeit erkennen. Und genau das ist die Aufgabe des Gesetzes.6

Gott hat seinen Sohn zu uns geschickt. Jesus wurde Mensch und lebte unter uns. Wie auf einem Sklavenmarkt hat Jesus uns dann freigekauft. Er hat für uns mit seinem Leben bezahlt. Und nur dadurch ist es möglich, ein Kind Gottes zu werden.7

Wie kann das passieren? Wie geht das? Und woran können wir erkennen, dass wir seine Töchter und Söhne sind? Achtung, das sind wirklich wichtige Fragen. Denn es geht darum zu verstehen, was einen Christen von einem Nicht-Christen unterscheidet. Und die Antwort hierauf ist: Wir werden und sind Kinder Gottes, wenn Gott den Heiligen Geist in unsere Herzen schickt bzw. geschickt hat.

Das beschreibt Paulus nicht nur in Galater 4, 6, sondern zum Beispiel auch in Römer 5, 5: „ … denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“

Jesus Christus hat diesen wichtigen Punkt so ausgedrückt: Wenn ich aber gehe, werde ich ihn [d.h. den Heiligen Geist8] zu euch senden.“ und „Ihr kennt ihn [d.h. den Heilige Geist9], denn er bleibt bei euch und wird in euch sein.“ (Johannes 16, 7 und 14, 17)

Christ wird man also nicht einfach aus eigenem Antrieb, indem man sich z.B. entscheidet regelmäßig die Bibel zu lesen, zu beten, einen Gottesdienst zu besuchen oder Mitglied einer Kirchengemeinde zu werden. Es ist natürlich gut, solche Entscheidungen zu treffen und umzusetzen. Aber um Christ zu werden, ist Gottes direktes und unmittelbares Eingreifen und Wirken an und in uns erforderlich. Das kann man nicht sehen, nicht anfassen und kaum beschreiben. Aber genau das macht das Christwerden und das Christsein so wunderbar und einzigartig.

Wenn ich daran denke, kann ich nur voller Freude zustimmen, wenn Paulus schreibt: „Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es,(9) nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme.“ und Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus.“ (Epheser 2, 8 f.und Galater 3, 26)

Daher steht es auch außer Frage, dass ich mich nun vollständig an Jesus halten möchte. Alles andere würde auch keinen Sinn machen. Warum sollte ich mich (wieder) Mächten und Autoritäten, was und wer sie auch immer sein mögen, zuwenden, die mir in den großen Fragen des Lebens nicht helfen können?

Und doch ist die Rückkehr zu den Mächten, die schon früher mein Leben bestimmt haben, eine reale Gefahr, oder? Den Christen der Gemeinden in Galatien muss es jedenfalls so gegangen sein. Ansonsten hätte der Apostel Paulus ihnen ja nicht geschrieben und sie gewarnt: „Nun aber, da ihr Gott erkannt habt, ja vielmehr von Gott erkannt seid, wie wendet ihr euch dann wieder den schwachen und dürftigen Mächten zu, denen ihr von Neuem dienen wollt?“ (Galater 4, 9)

Also müssen wir da auch aufpassen und kämpfen. Wir dürfen die lebendige Beziehung zu Jesus nicht (wieder) eintauschen gegen das Halten von bestimmten Regeln oder besonderen Fest- und Feiertagen. Generell ist es ganz wichtig, dass wir dem christlichen Glauben nicht etwas hinzugeben, was nicht dazugehört oder etwas davon wegnehmen, das unabdingbar ist.

Es gilt hingegen jeden Tag auf’s Neue an Jesus dranzubleiben. Oh, wie schnell können wir doch nachlässig und bequem werden oder uns ablenken lassen! Oder wie schnell können uns Probleme und Schwierigkeiten im Glauben aus der Bahn werfen!

Die Themen aus dem Galaterbrief sind also, auch wenn wir es im ersten Moment vielleicht nicht gedacht haben, absolut relevant und aktuell. Daher möchte ich dich ermutigen: Lies ihn doch mal ganz in Ruhe – es lohnt sich! Denn es gilt die „Rolle rückwärts“ zu vermeiden.


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1 vgl. Epheser 6, 12
2 vgl. z.B. Lukas 4, 5 f.
3 vgl. 1. Mose 1, 26 ff.
4 vgl. Römer 5, 12
5 vgl. Galater 3, 21
6 vgl. Römer 3, 20 und Galater 3, 19
7 vgl. Galater 4, 4 + 5
8 Anmerkung des Autors in eckigen Klammern
9 ebenso

Bibelverse zitiert aus:
Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
Die Verwendung des Textes erfolgt mit Genehmigung der Deutschen Bibelgesellschaft.


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Über den Autor:

Torsten Ratschat, gebo­ren 1967, ist leitender Angestell­ter in der Stahl­industrie. Er ist verhei­ratet und hat 3 erwach­sene Kinder.

„Stockdunkel? Mit Jesus wird’s hell!”

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Eine Antwort

  1. Günter Romer sagt:

    Sehr schön gesagt und geschrieben. Nur wenn der Glaube an Christus ein Geschenk ist kann ich mir für einen noch nicht Christen gut vorstellen, dass ihn das nicht berührt.
    Wenn ich mich noch so sehr anstrenge zu glauben, hilft es nicht per se die erlösende Botschaft zu erfahren bzw. als Geschenk zu erhalten. Wozu sich also bemühen?
    Für ein Geschenk sollten wir uns nicht bemühen müssen. Aber wie schenkt sich mir der Glaube an Christus oder Gott?
    Ich habe den Glauben an Gott als Geschenk erfahren durch meine Kinder, Arbeit, Beziehungsschwierigkeiten, Schmerzen und Leiden. Bemüht habe ich mich insofern, weil mir bei der Arbeit mit schwer kranken Menschen bewusst wurde, dass ich nur wenig zur Gesundung von Menschen beitragen kann, wenn meine Hände nicht von einer führenden Macht gelenkt werden. Liest und hört sich einfach an. Letztlich müssen wir uns doch um das Geschenk des Glaubens bemühen. Von nichts kommt nichts.
    Eine Sicherheit dadurch den Glauben an den lebendigen Gott zu erfahren gibt es dennoch nicht.

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