Weihnachten findet abseits statt

Lesezeit: 4 Minuten
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„In Umkehr und Gelassenheit werdet ihr gerettet, in der Ruhe und im Vertrauen liegt eure Stärke. Ihr aber wolltet nicht …“ (Jesaja 30, 15)

Beinahe jedes Jahr nehme ich mir vor die Adventszeit etwas ruhiger angehen zu lassen und mich auf das Ereignis zu freuen und innerlich vorzubereiten, das wir zu Weihnachten feiern: „Euch wurde heute der Retter geboren.“1

Doch dies ist mir, ehrlich gesagt, nicht wirklich gelungen. Wieder einmal. Die letzten Wochen waren einfach nur stressig. Es gab viel zu erledigen und ich wollte noch so einiges vorantreiben, manches vielleicht beinahe erzwingen. Und so kam es wie es kommen musste. Zwei, drei unerwartete Ereignisse und ich war am Anschlag, ausgepowert.

Genauso wenig wie mein übertriebener Jahresendspurt schien mir zunächst auch der obige Vers, der mir heute ins Auge gefallen ist, zu Weihnachten zu passen.

Wenn wir uns den Kontext genauer anschauen, werden wir nämlich Folgendes feststellen:

Das Gottesvolk stand gewaltig unter Druck. Die mächtige und kriegerische Nation der Assyrer drangsalierte es und bedrohte seine Existenz. Dem hatte das kleine Juda nur wenig entgegenzusetzen. Trotzdem hatte Juda versucht eine momentane Schwäche des assyrischen Großreiches auszunutzen und sich von ihm zu lösen. Doch da hatten sie sich ganz schön verkalkuliert und nun drohte Vergeltung.2

Im Laufe der Geschichte hatten verschiedene Könige Judas den guten Weg Gottes verlassen. Durch ihr Regierungshandeln und ihren persönlichen Lebenswandel hatten sie auch das Volk verführt. Die Sünde hatte immer mehr zugenommen und der moralische Verfall der Gesellschaft zeigte sich an allen Ecken und Enden.3

Aus geistlicher Perspektive betrachtet hatten sich also viele Leute in Jerusalem und ganz Juda schon lange vom HERRN abgewendet. Mit dem Herzen hatten sie sich an andere Dinge gehängt. Die Gottesdienste, die sie abhielten, waren zu einer rein äußerlichen Angelegenheit verkommen, geprägt durch die Traditionen vergangener Jahrhunderte. Ihre Gebete waren nur noch Lippenbekenntnisse.4 In Wirklichkeit wollten sie von den Geboten Gottes und seinen guten Anweisungen nichts mehr wissen und lieber ihren eigenen Luftschlössern nachlaufen.5

Anstatt sich nun in ihrer großen Not und Bedrängnis zurückzubesinnen, suchten sie Hilfe für die drohende Auseinandersetzung mit den Assyrern dort, wo sie nicht zu finden war: in Ägypten.6 Durch unwegsames und wüstes Gebiet brachten die Abgesandten Judas dem Pharao und seinen Fürsten reiche Gaben und Schätze, nur um schließlich feststellen zu müssen, dass sie dort völlig vergeblich militärische Unterstützung für ihr Volk gesucht hatten.7

Wenn wir uns erst einmal auf einen solchen Weg begeben haben, weg von Gott, wenn wir uns, bildlich gesprochen, die Ohren zuhalten, um bloß nichts mehr von ihm hören zu müssen, und wenn wir den Botschaftern der guten Nachricht – wie diese Leute von Juda damals – entgegen brüllen: „Lasst uns bloß in Ruhe mit diesem Gott!“, dann wirkt das wie ein Riss, der immer größer wird, bis schließlich unser ganzes Lebenshaus krachend zusammenbricht.8 Das ist die ernste Warnung Gottes für uns heute an dieser Stelle …

… bevor dann dieser großartige und gewaltige Vers die für alle Zeiten grundlegende Botschaft Gottes noch einmal hervorragend zusammenfasst:

Denn so spricht Gott der HERR, der Heilige Israels: In Umkehr und Gelassenheit werdet ihr gerettet, in der Ruhe und im Vertrauen liegt eure Stärke. Ihr aber wolltet nicht (16) und sagtet: Nein! …“ (Jesaja 30, 15 f.)

Und nun, liegt nicht genau darin auch die Weihnachtsbotschaft? Die Geburt Jesu geschieht außerhalb des großen Treibens. Nicht mitten in der Stadt, in der alle Unterkünfte voll belegt sind. Nicht da, wo das Geschäft brummt oder dort, wo laut gelacht und gefeiert wird. Das echte Weihnachten findet nicht an den hell erleuchteten und mit grünen Tannenzweigen geschmückten „Knusperhütten“ und Glühweinständen auf unseren Marktplätzen oder in den weihnachtlich dekorierten Kaufhäusern statt. Nein, ganz bestimmt nicht!

Denn dort ist die gute Nachricht „Euch wurde heute der Retter geboren.“9 meist nicht zu vernehmen und will auch gar nicht gehört werden. Warum auch? Wozu brauchen wir einen Retter, wenn wir gar nicht in einer Notlage sind, alles selbst in der Hand haben und alles unter Kontrolle ist?

Doch ist das tatsächlich so? Ist das wirklich wahr? Sind wir nicht wie damals das kleine und geschwächte Juda in der Hand eines großen, mächtigen und aggressiven Feindes? Sind wir nicht gefangen in den Verstrickungen unserer eigenen Schuld und Sünde? Und in unserem törichten Irrglauben, dass wir das Leben auch ohne diesen Sohn Gottes meistern werden?

Weihnachten findet abseits statt. In diesem einsamen, dunklen, kalten und unbequemen Stall, in dem Jesus geboren wurde. Nur dort, wo sich die Perspektive ändert, wo ich die Wahrheit über mich mutig in den Blick nehme und erkenne, dass das, worauf ich bisher mein Leben gebaut habe, genau wie das Licht, dass mich in dieser Zeit überall anstrahlt, nur künstlich und unecht ist und ich in Wirklichkeit völlig verloren bin und diesen Lebensretter unbedingt brauche.

Solchen Leuten bietet sich in dieser winterlichen Zeit ein echtes Weihnachten an: Eine Gelegenheit zur Umkehr, zur Gelassenheit, zur Ruhe, zum Frieden, zum Vertrauen, kurz – eine Möglichkeit dem Retter und lebendigem Heiland in Jesus Christus tatsächlich zu begegnen.


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1 Lukas 2, 11
2 vgl. 2. Könige 18, 21 + 24; Jesaja 36, 6 + 9
3 vgl. Jesaja 30, 1
4 vgl. Jesaja 29, 13
5 vgl. Jesaja 30, 9 -11
6 vgl. Jesaja 30, 2
7 vgl. Jesaja 30, 3 – 7
8 vgl. Jesaja 30, 12 -14
9 Lukas 2, 11

Bibelverse zitiert aus:
Zürcher Bibel, 2007, © 2007 Verlag der Zürcher Bibel beim Theologischen Verlag Zürich


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Über den Autor:

Torsten Ratschat, gebo­ren 1967, ist leitender Angestell­ter in der Stahl­industrie. Er ist verhei­ratet und hat 3 erwach­sene Kinder.

„Gottes Plan beinhaltet, dass mit unbekannten Leuten an unwichtigen Plätzen zu belanglosen Zeiten etwas ganz Großartiges und Wunderbares geschieht.“

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Eine Antwort

  1. Günter Romer sagt:

    Danke für die mit Erfahrungen unserer Vorfahren verknüpfte, tiefsinnige Betrachtungsweise.

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