Was mich frisst!
Wo der Papst ins Schwarze getroffen hat …
Papst Franziskus sorgte in den letzten Jahren mit einer Reihe von Aussagen für Aufsehen. Ein Punkt, den er mehrfach ansprach, wiegt dabei besonders schwer: Er kritisierte die fleischliche Orientierung, die sich aus seiner Sicht in Teilen der Christenheit – sogar in den höchsten Kreisen der Kirche – zeigt. Es geht mir jetzt nicht darum, über den Papst und die derzeitige Verfassung des Christentums zu schreiben. Aber der Papst hat mit seiner Kritik ein wichtiges biblisches Thema aufgegriffen. In dem folgenden Beitrag erfährst du, was es mit dem „Fleisch“ auf sich hat und warum es für dich wichtig ist, hier Klarheit zu haben.
„Unter ihnen haben auch wir alle einst unser Leben geführt in den Begierden unsres Fleisches und taten den Willen des Fleisches und der Vernunft …“ (Epheser 2, 3)
Was bedeutet „Fleisch“ in der Bibel?
Der Begriff „Fleisch“ wird in der Bibel mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet. Zum einen steht er einfach für „Lebewesen“.1 Dann bezeichnet er natürlich auch das, was Mensch und Tier sozusagen „auf den Knochen“ haben, was also das Skelett umhüllt.2
An dieser Stelle im Epheserbrief wie auch an anderen Stellen des Neuen Testamentes geht es jedoch nicht um diese beiden Bedeutungen. Das Wort „Fleisch“ taucht in diesem 3. Vers des Epheserbriefes zweimal auf. Beide Begriffe haben hier eine eher geistliche Bedeutung und Anwendung. Die erste Verwendung in „Begierden unsres Fleisches“ ist dabei genereller und vielschichtiger als die zweite Nutzung in „Willen des Fleisches und der Vernunft“. Dieser zweite Gebrauch ist dabei ein detaillierter Aspekt des Ausdruckes „Begierden unseres Fleisches“. Dies vorangestellt führt uns zu den Fragen: Was bedeuten diese Bezeichnungen? Was will der Apostel Paulus damit den Christen in Ephesus sagen?
Der allgemeine Aspekt
Der erste Ausdruck „Begierden des Fleisches“ beschreibt hier zunächst in einem allgemeinen Sinne die menschliche Natur. Und zwar so, wie sie getrennt von Gott von Geburt aus ist. Es geht dabei ganz generell um die menschliche Wesensart in und unter der Sünde. Mit „Begierden unseres Fleisches“ ist unser gesamtes Naturell gemeint, all das an und in uns, was sich Gott und seinem Willen widersetzt.
Der natürlich Mensch ist Gott gegenüber feindlich eingestellt. Unser Wollen und unser Streben sind den Absichten Gottes entgegengesetzt. Der Mensch hat ein anderes Ziel. Seine Natur steht im Widerspruch zum Geist Gottes: „Denn das Fleisch begehrt auf gegen den Geist und der Geist gegen das Fleisch; die sind gegeneinander …“.3 Mit dem Begriff „Fleisch“ ist also gemeint: Der Mensch in und unter der Sünde. Die menschliche Natur, die völlig gegen Gott ausgerichtet ist. Diese Natur ist durch Feindschaft gegenüber Gott geprägt.4 Ganz allgemein sagt der Apostel Paulus also zunächst, dass die Begierden unserer menschlichen Natur uns antreiben.
Jetzt geht’s ans Eingemachte
Der zweite Ausdruck in Epheser 2, 3 – „Willen des Fleisches“ – ist spezifischer und beschreibt die allgemeine Aussage des Paulus genauer. Er bezieht sich auf unsere „biologische“ oder körperliche Seite. Es sind also auf der einen Seite die leiblich-biologischen Bedürfnisse, die uns in Bewegung setzen. Sie drängen uns zu bestimmten Aktivitäten und Handlungen. Sie treiben uns an. Und das ist auch gut so.
Hunger zum Beispiel signalisiert uns, dass wir Nahrung benötigen. Hunger bringt uns dazu Lebensmittel zu beschaffen, ein Essen vorzubereiten und es dann zu uns zu nehmen. Dies ist eine Veranlagung, die gut ist und die uns Gott geschenkt hat. Aber in Folge des Sündenfalls im Garten Eden ist auch hier etwas aus dem Lot, aus der Balance geraten. Wir essen nicht nur, um satt zu werden. Wir wollen auch gutes, leckeres Essen haben, das wir genießen können. Auch das ist völlig in Ordnung. Gott gefällt es, uns mit guter Nahrung zu beschenken und uns damit Freude zu bereiten. Aber selbst das reicht uns nicht! Wir möchten noch mehr! Daher ist aus einem guten und richtigen Bedürfnis – den Hunger oder den Durst zu stillen – vielfach eine Genusssucht geworden.
Hast du genug?
Bei manchen unserer Zeitgenossen scheint es nur noch darum zu gehen. Was man alles essen und trinken kann. Wie lecker dies und das ist. Man erzählt sich von den leckeren Festessen am letzten Wochenende. Von der Völlerei und den Trinkgelagen am Vorabend. Davon, was und in welchen Mengen man konsumiert hat. Dass man sich kaum noch bewegen konnte, so voll war man im wahrsten Sinne des Wortes. „Wir haben nie genug …“Manche haben aus Essen und Trinken ihre Leidenschaft gemacht. Sie sind zu Experten geworden, die sich beinahe jede freie Minute dieser Passion widmen, einer Leidenschaft, die letztlich auch für sie selbst völlig ungesund und schädlich ist.
Aber dies ist nur ein Beispiel für unser Übertreiben, für das Entgleiten und die Entgleisung unserer Bedürfnisse. Es lässt sich problemlos auf andere Bereiche unserer leiblich-biologischen Natur übertragen. Zum Beispiel auf das Bedürfnis nach Wohlergehen und Gesundheit, auf unseren Wunsch gut auszusehen, materiellen Besitz zu haben und auf unser Bedürfnis nach Sexualität.
Der springende Punkt bei alldem ist, dass wir Menschen dazu tendieren, die ursprünglich gut angelegten Bedürfnisse völlig unangemessen zu bewerten. Bewusst oder unbewusst geben wir ihnen den ersten Platz in unserem Leben. Dieser Platz gebührt jedoch Gott, unserem Schöpfer. Wir aber machen das Essen und Trinken, unsere Gesundheit oder unser Aussehen, die Sexualität oder Geld und Besitz zu unserem Gott, den wir verehren und anbeten.
Alles auch noch ein Kopfsache?
Neben dieser leiblich-biologischen Seite gibt es aber noch einen weiteren Teil der menschlichen Natur, der sich gegen Gott richtet. Der Apostel Paulus nennt diesen Part der „Begierden des Fleisches“ den „Willen der Vernunft“. Was ist hiermit gemeint? Hier geht es um die eher intellektuelle, verstandesmäßige und emotionale Seite des Menschseins.
Auch in diesem Bereich hat der Mensch von Gott bei der Schöpfung gut angelegte Bedürfnisse erhalten. Nehmen wir folgendes Beispiel. Der Mensch ist ein Beziehungswesen und es ist gut, dass er sich nach guten Beziehungen, nach Annahme, Liebe und Wertschätzung sehnt. Wir alle brauchen das, damit wir uns gut und gesund fühlen, uns weiterentwickeln können und nicht verkümmern.
Aber auch an dieser Stelle des Menschseins ist vieles aus den Fugen geraten. Aus gerechtfertigten Bedürfnissen sind vielfach ungesunde Ambitionen, rücksichtslose Gier, zerstörerische Leidenschaften, krankhafte Süchte und blinde Besessenheit geworden. Das Streben nach Macht und Ruhm, Karriere und Position, nach dem Besonderen und Einzigartigen, nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung – koste es, was es wolle – begegnet uns überall. Wenn wir uns selbst betrachten und ehrlich werden wollen: Auch und vor allem in uns selbst!
Die Früchte von alldem sind u.a. Stolz, Hochmut, Eifersucht, Neid, Missbrauch, Hass, Zorn, Bosheit, Bitterkeit und alle schlimmen Äußerungen und Handlungen, die daraus entstehen. So folgen wir Menschen von Natur aus den Begierden unseres Fleisches und tun den Willen des Fleisches und der Vernunft.5 Damit dienen wir nicht Gott, sondern setzen unser Ich auf den höchsten Thron!
Wo stehst du?
Ich denke, Papst Franziskus hat auf jeden Fall einen wunden Punkt getroffen. Denn jetzt mal ganz ehrlich: Wo stehst du? Meinst du etwa , dass du dich da herausziehen kannst? Das einfach so wegwischen? Nach dem Motto: „Das hat ja mit mir nichts zu tun!“ Wenn du das denkst, dann fange bitte an, dich ehrlich zu hinterfragen.
Auch als Christen sind wir alles andere als perfekt. Die alten Gewohnheiten, Ambitionen und Begierden melden sich immer wieder bei uns. Und wollen uns wieder beherrschen. Gut, dass wir dann damit zu Jesus kommen können. Jesus wird uns davon frei machen. Immer wieder!
Falls du Fragen, Anmerkungen oder Kommentare hast, hinterlasse doch dein Feedback unten im Kommentarfeld. Wenn du dich mit mir austauschen möchtest, schick‘ mir bitte einfach eine Mail.
Die anderen Beiträge der Serie „Echt!“ findest du hier:
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Sünde und Tod
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Kinder des Zorns
lebendig
erleuchtet
aus Gnade
Glauben und Werke
Sein Werk, unsere Aufgabe
Ein perfekter Plan
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Zur Vertiefung
- Mit welchen Bedeutungen werden in der Bibel die Begriffe „Fleisch“ und „fleischlich“ gebraucht? Was bedeutet hingegen „geistlich“?
- Inwiefern kann aus einem an sich gutem Bedürfnis Sünde werden? Wann wird aus einem Hobby eine ungesunde Leidenschaft?
- Was unterscheidet den „Willen der Vernunft“ von dem „Willen des Fleisches“ (Epheser 2, 3)?
- An welchen Stellen bist du besonders gefährdet, dich zu sehr von Bedürfnissen treiben und leiten zu lassen? Wo neigst du dazu, die Erfüllung von Bedürfnissen und Wünschen zu übertreiben? An welchen Punkten nehmen sie dich eventuell sogar beinahe gefangen und wünscht du dir mehr Freiheit und Gelassenheit?
- Wer oder was steht bei dir an oberster Stelle?
1 vgl. z.B. 1. Mose 6, 12 ff.
2 vgl. z.B. Hiob 10, 11
3 Galater 5, 17
4 lies hierzu Römer 8, 5 – 8
5 vgl. hierzu auch Epheser 5, 3 – 5
Bibelverse zitiert aus: Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
[Auszug aus dem Buch „Gefunden! Glauben. Leben. Hoffnung.“ siehe auch bibelesewelt.de/buecher/ ]