Mit Gott rechnen. Was “Buße” wirklich bedeutet.

Lesezeit: 7 Minuten

Ein Wanderprediger

Nach seiner Taufe und seinem 40-tägigen Aufenthalt in der Wüste, in der er vom Teufel versucht wurde,1 beginnt Jesus in der Öffentlichkeit aufzutreten. Zunächst zieht er von Nazareth nach Kapernaum um, das am See Genezareth liegt. Von dort aus reist er dann in Galiläa umher, um den Leuten von Gott zu erzählen und zu predigen.

Worüber predigt er? Der Evangelist Matthäus fasst das zusammen, indem er schreibt: „Seit der Zeit fing Jesus an zu predigen und zu sagen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“2 Das alte Wort „Buße“ benutzen wir heute im Alltag kaum noch. Wenn ich an dieses Wort denke, schießen mir verschiedene Gedanken durch den Kopf: Ein Mensch, der in Sack und Asche dasitzt und ein ganz trauriges Gesicht macht … Jammern, Klagen und Weinen darüber, dass man ein schlechter Mensch ist … Ein Mönch im Kloster, der wegen seiner Sünden fastet und sich selber bestraft oder schlägt …

Ist es das, was Jesus meint, wenn er predigt „Tut Buße!“? Ich denke „Nein!“. Jesus geht es hier um etwas anderes, es geht ihm um viel mehr.

Leben ohne Gott

Genau wie in unserer Zeit leben damals viele Menschen ohne Gott. Für sie ist Gott keine Realität. Sie brauchen ihn nicht. Sie wollen ihn nicht. Die Leute denken, dass sie auch ganz gut ohne Gott klarkommen. Außerdem haben sie die ganzen religiösen Regeln und Gesetze entweder satt oder sie orientieren sich lediglich daran, um ein wenig Ordnung in ihr Leben zu bekommen. Aber eine persönliche Beziehung, eine echte Begegnung mit Gott? Nein, danke! Die Menschen wollen ihr eigener Herr sein und so leben, wie es ihnen gefällt. Vor allem wollen sie niemanden, dem sie Rechenschaft ablegen müssen über ihre geheimsten Gedanken, ihre Worte und ihre Taten. Sie haben vergessen oder wollen es nicht wahrhaben, dass sie im Grunde Gott alles zu verdanken haben.

In diese Wirklichkeit hinein ruft Jesus den Menschen immer wieder dieses „Tut Buße!“ zu. „Tut Buße!“ bedeutet ganz praktisch „Kehrt um!“ oder „Denkt um bzw. denkt neu!“. Damit fordert Jesus uns heraus, unsere Situation und vor allem unsere Einstellung zu hinterfragen und zu überprüfen. Stimmt das wirklich, dass es Gott nicht gibt bzw. dass er keine Relevanz für mein Leben hat?

Kann ich es mir tatsächlich leisten, Gott einfach aus meiner Wirklichkeit auszuklammern?

Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!

(Matthäus 4, 17)

Was sich lohnt

Weil Gott existiert und in Jesus sein Himmelreich nahe herbeigekommen ist, lohnt es sich auf Gott zu achten. Wenn wir ohne Gott, der unser Schöpfer ist und von dem wir alles haben was wir sind und was wir brauchen, leben, dann leben wir an dem Ziel und an dem Sinn des Lebens vorbei. Daher sollen wir umdenken, umkehren und unser Leben ändern. Tut Buße! Hört auf ohne Gott, d.h. gottlos zu leben! Fangt an auf Gott zu achten und euer Leben mit und für ihn zu leben. Darum geht es! Darauf kommt es an!

Eine alte Geschichte

Wenn ich darüber nachdenke, fällt mir eine Geschichte ein, die Jesus einmal bei einer anderen Gelegenheit erzählt hat.3 Da ist ein junger Mann aus gutem Hause. Seinem Vater gehört ein großes Anwesen und ein landwirtschaftlicher Betrieb. Gemeinsam mit seinem Vater, seinem älteren Bruder und vielen Angestellten arbeitet der junge Mann in diesem Unternehmen. Auf den Feldern des Betriebes wird Getreide, Obst und Gemüse angebaut. Es gibt einige Weinberge sowie viel Vieh, hauptsächlich Kühe, Esel und Pferde, die versorgt werden müssen. Inmitten des väterlichen Grundbesitzes steht das große Gutshaus, in dem der junge Mann mit seiner Familie wohnt. Daneben befinden sich noch Wohnhäuser für die Arbeiter und ihre Familien sowie mehrere große Scheunen und Ställe für die Tiere. Es ist eine schöne und fruchtbare Gegend.

Ja, es gibt immer viel zu tun! Aber es lässt sich dort auch sehr gut leben! Ab und an feiert die Familie gemeinsam mit den Arbeiterfamilien ein großes und fröhliches Fest. Und so ist dort eine schöne Lebensgemeinschaft entstanden. Der junge Mann könnte glücklich und zufrieden sein. Das ist er aber nicht!

Ich muss hier einfach raus!

Eines Tages kommt er zu seinem Vater und sagt: „Vater, gib mir meinen Erbanteil. Ich will fortgehen.“ „Aber warum denn?“, fragt der Vater erschrocken. „Ich halte das hier einfach nicht mehr aus. Jeden Tag dasselbe. Ich fühle mich gegängelt und unfrei. Alles muss nach deinem Willen gehen.

Ich halte das hier einfach nicht mehr aus!

Man muss sich ständig den Zwängen des Betriebes unterordnen und auf alles Mögliche Rücksicht nehmen. Das will ich nicht mehr. Ich möchte die Welt sehen und etwas erleben. Ich muss hier einfach raus!“, antwortet der Sohn.

Da wird der Vater ganz traurig. Er fragt sich: „Was soll ich denn jetzt bloß machen? Wenn mein Sohn hier unglücklich ist, kann ich ihn nicht zurückhalten. Da ich ihn liebe, muss ich ihn wohl ziehen lassen!“ Also geht er zur Bank. Er nimmt einen großen Kredit auf, belastet seine Grundstücke und verpfändet einen Teil seines Viehs. Nur so kann er genügend Geld zusammenbekommen, um seinem jüngsten Sohn das Erbe auszuzahlen.

Der junge Mann packt daraufhin einige Sachen in seine Reisetasche, nimmt das Geld, das ihm sein Vater gibt, und verlässt eilig sein Zuhause. Er ist so begierig darauf endlich wegzukommen, dass er sich kaum von seinem Vater, seinem Bruder und all den anderen verabschiedet. Nach dem Abendessen zieht sich der Vater in sein Schlafzimmer zurück, setzt sich auf die Bettkante und grübelt traurig vor sich hin. Wenn du genau hinschaust, siehst du einige Tränen aus seinen müden Augen herauskullern. Während alle anderen noch gar nicht richtig begreifen können, was passiert ist, ist der ältere Bruder einfach nur sauer. „Wie kann er uns das nur antun?“, denkt er. „Die ganzen Schulden! Und seine Arbeit müssen wir jetzt auch noch mitmachen!“

Der lange Weg …

Der junge Mann macht sich auf eine lange Reise. Er bleibt mal hier, mal dort. Immer nur für ein paar Tage, Wochen oder Monate. Er will ja schließlich etwas von der Welt sehen. Arbeiten braucht er nicht mehr. Geld ist genug vorhanden. Er steigt jeweils in den besten Hotels ab und lässt es sich so richtig gut gehen. Da er verschwenderisch mit den Finanzen umgeht, gewinnt er überall schnell neue Freunde. Der junge Mann genießt das Leben und die vielen Partys.

Irgendwann, er hat es kaum kommen sehen, geht ihm das Geld aus. Außerdem gerät das Land, in dem er sich gerade aufhält, in eine schwere Wirtschaftskrise. Als seine Freunde bemerken, dass er pleite ist, lassen sie ihn schnell im Stich. Die teuren Hotelzimmer kann er sich nun schon gar nicht mehr leisten. Eine Arbeitsstelle ist nicht zu bekommen. Da hängt sich der junge Mann in seiner Not an einen Bauern. Der lässt ihn die Schweine hüten und in einer Ecke der Scheune schlafen. Der junge Mann muss den ganzen Tag schwer arbeiten. Dennoch verdient er nicht genug, um leben zu können.

… mit großer Not …

Viele Wochen und Monate vergehen, in denen er kaum genug zum Essen hat. Irgendwann hat er einen solchen Hunger, dass er sogar das Schweinefutter essen möchte. Doch selbst das verwehrt ihm der Bauer. Eines Abends liegt der junge Mann hungrig und müde auf seinem Schlafplatz in der Ecke der Scheune und kann nicht einschlafen. Stattdessen geht er in sich und denkt nach.

„Ach“, sagt er zu sich selbst, „wie dumm und undankbar ich doch war! Zuhause ging es mir so richtig gut. Meine Eltern haben sich immer liebevoll um mich gekümmert. Mein Vater hat mir eine gute Stellung in seinem Betrieb gegeben und war in allen Dingen wohlwollend und großzügig zu mir. Doch ich habe das nicht zu schätzen gewusst und habe ihm übel mitgespielt. Statt zufrieden und dankbar zu sein, habe ich von ihm meinen Erbteil verlangt. Und dabei wusste ich, dass mir das zu seinen Lebzeiten noch gar nicht zusteht. Außerdem war mir bereits vorher klar, dass er sich, um mich auszuzahlen, hoch verschulden musste. Was bin ich doch für ein gemeiner Schuft! Oh weh, was soll ich jetzt nur tun? Wenn ich noch länger hierbleibe, werde ich sicher bald verhungern.“

… zur Umkehr

Noch lange quälen ihn in dieser Nacht die Gedanken. Schließlich fasst er einen Entschluss: „Ich will zu meinem Vater zurückgehen und ihn um Verzeihung bitten. Vielleicht lässt er mich als Gelegenheitsarbeiter in seinem Betrieb arbeiten. Schließlich geht es jedem Tagelöhner bei meinem Vater tausendmal besser als mir!“ Endlich fällt er in einen festen und tiefen Schlaf. Am nächsten Morgen steht er auf, packt seine wenigen Sachen, die ihm noch geblieben sind, und macht sich zu Fuß auf den langen Weg in seine Heimat.

Langes Warten

Wie ist es seiner Familie daheim inzwischen ergangen? Die Arbeit war schwer und die Schulden drückend gewesen. Doch der Vater hatte mit Hilfe seines ältesten Sohnes und seiner treuen Arbeiter den Betrieb halten und die Schulden langsam, aber stetig zurückzahlen können. Jeden Tag stand der Vater noch vor Tagesanbruch auf und ging den langgezogenen Weg zum Hügel hinauf. Von dort aus schaute er immer nach seinem Sohn aus. „Ob er wohl jemals wieder nach Hause kommen wird?“, dachte der Vater jedes Mal traurig, bevor er enttäuscht wieder den Heimweg antrat und sich an die Arbeit machte. So ging das viele Tage, Wochen, Monate und Jahre.

Ob er wohl jemals wieder nach Hause kommen wird?

Ein besonderer Tag

Doch an diesem einen Frühlingstag sollte es anders kommen. Irgendwie hatte der Vater unruhig geschlafen und war besonders früh wachgeworden. Als er auf der Spitze des Hügels hinter seinem Hof ankommt, geht gerade erst die Sonne auf. Es ist ein wunderbarer Morgen. Der Vater hebt seinen Blick und schaut sich um. Dort hinten, ganz weit in der Ferne sieht er plötzlich eine gebückte Gestalt langsam die kurvenreiche Landstraße hinaufkommen. Es dauert nicht mehr lange, da erkennt er ihn. Es ist tatsächlich sein Sohn, der da mühsam die Straße zum Hügel emporsteigt. Was für eine Freude empfindet da der Vater! Die Traurigkeit der letzte Jahre und Monate ist wie weggeblasen! Schnell läuft er den Hügel hinunter. Seinem Sohn entgegen.

Als er ihn erreicht nimmt er ihn voller Freude in den Arm. „Vater“, sagt sein Sohn, „ich habe mich schwer gegen Gott und dich versündigt. Ich bin es nicht länger wert dein Sohn zu sein. Ich bitte dich nur um eines. Lasse mich als Gelegenheitsarbeiter auf deinen Feldern arbeiten.“ „Nicht doch, mein Sohn!“, sagt der Vater und zieht ihn mit sich nach Hause. Kaum angekommen ruft er seinen Arbeitern zu: „Bringt schnell die beste Kleidung und Schuhe für meinen Sohn. Bereitet ein großes Fest vor, denn mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden. Er war verloren und ist nun gefunden worden!“

Nicht alle sind zufrieden

Einige Stunden später kommt der ältere Sohn von der Arbeit auf den Feldern zurück. Schon von weitem kann er das fröhliche Rufen und Singen hören. Ein Arbeiter läuft ihm entgegen. „Was ist denn los?“, fragt ihn der ältere Sohn. „Stell dir vor, dein Bruder ist wieder nach Hause gekommen. Und dein Vater hat ein großes Fest ausgerichtet, weil er ihn gesund wieder zurückbekommen hat!“ Da wird der ältere Sohn ganz zornig.

Sein Vater sieht ihn kommen und läuft ihm entgegen. Der ältere Sohn macht ihm große Vorhaltungen. „Wie kannst du für meinen Bruder ein großes Fest ausrichten? Er hat uns im Stich gelassen und dein Geld auf seinen Reisen verschwendet! Ich aber habe dir immer treu gedient. Aber so ein Fest wie heute war dir das nie wert!“ Da sieht ihn der Vater traurig an und sagt: „Du bist doch allezeit bei mir und alles, was mir gehört, gehört auch dir! Sei doch fröhlich mit mir. Denn dein Bruder war tot und ist nun wieder lebendig. Er war verloren und ist nun gefunden!“

Ein Fest im Himmel

Wie gut, wie liebevoll und wie gnädig ist doch dieser Vater! Zu beiden Söhnen! Genauso ist Gott, unser Vater im Himmel! Als es ihm schlecht ging, hat der jüngere Sohn angefangen nachzudenken. Er hat sich seine Situation vor Augen geführt. Und er hat Buße getan. Er hat um- und neu gedacht! Dann ist er umgekehrt zu seinem Vater und hat ihm gestanden, dass er verkehrt gelegen und alles falsch gemacht hat. Er hat seinem Vater seine Schuld bekannt. Der Sohn hat nicht zu hoffen gewagt, dass alles wieder in Ordnung kommt. Lediglich als ein armer Tagelöhner wollte er angestellt werden.

Doch was macht der Vater? Er nimmt ihn voller Freude wieder als seinen Sohn an! Ich sage es noch einmal: Genauso ist Gott, unser Vater im Himmel! Er wartet darauf, dass wir umkehren und zu ihm zurückkommen. Und wenn wir das tun, dann ist alles gut! Er wartet auf dich und mich! Und wenn wir kommen, dann ist seine Freude riesengroß. Dann lässt er für uns ein Fest der Freude im Himmel ausrichten!4

Zur Vertiefung

  1. Was bedeutet das Wort „Buße“? Versuche es in eigenen Worten zu erklären?
  2. Was könnte Jesus damit meinen, wenn er sagt „ … das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“?
  3. Warum ist der junge Mann daheim so unzufrieden? Kannst du das nachempfinden? Geht es dir manchmal genauso, z.B. dass du einfach aus deinem Leben „abhauen“ möchtest?
  4. Wie reagieren der Vater und der ältere Bruder? Kannst du ihre Reaktionen nachvollziehen? Was beeindruckt dich dabei?
  5. Was kannst du aus dieser Geschichte für dein Leben mitnehmen? Gibt es etwas, was dir (neu) klargeworden ist?

1 vgl. Matthäus 3, 13 – 4, 11
2 Matthäus 4, 17
3 vgl. Lukas 15, 11 – 32
4 vgl. auch Lukas 15, 6 f.

Bibelverse zitiert aus: Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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