Nur ein paar Notizen

Lesezeit: 7 Minuten

Manchmal sind es nur wenige Indizien und Hinweise – aber sie alle weisen auf diesen großen Gott, der einen Plan für jeden von uns hat!

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Eine Reise

„Barnabas nahm Markus mit sich und fuhr nach Zypern.“ (Apostelgeschichte 15, 39)

Barnabas hielt an Johannes Markus fest. Trotz der nicht widerlegbaren Argumente des Paulus, dass Johannes sie bei der letzten Reise im Stich gelassen und den Auftrag Gottes nicht erfüllt hatte. Und obwohl dieser Konflikt mit seinem Freund Paulus so eskalierte, dass es zu einem Zerwürfnis zwischen den beiden kam (siehe auch den Arikel Abgeschrieben?).

Dennoch setze Barnabas auf den Markus und sie machten sich auf den Weg nach Zypern.

Danach verliert sich die Geschichte …

Ein besonderer Mann

Nicht ganz! Zwar wissen wir nicht, wie diese Reise von Barnabas und Johannes Markus verlaufen ist. Aber eines wissen wir: Johannes Markus ist der Mann, der später das Markus-Evangelium geschrieben hat. Was, der Evangelist Markus? Ja, genau der! Aber lass uns seine Geschichte von Beginn an anschauen.

Ein gelber Zettel

Die Biographie von Johannes Markus nachzuzeichnen ist nicht ganz so einfach. Denn schließlich gibt es keinen zusammenhängenden Lebensbericht über ihn in der Bibel. Es finden sich nur hier und da einige Notizen. Dennoch entfaltet sich aus den wenigen Bemerkungen ein wichtiges und lehrreiches Bild von diesem kirchengeschichtlich so bedeutsamen Mann.

Als ich über Johannes Markus nachdachte, fiel mir ein Buch ein, das ich vor vielen Jahren mit großem Gewinn gelesen hatte. Ich ging zu meinem Bücherregal, um es zu suchen. Schließlich hielt ich es meinen Händen – „Männer der Bibel“, so lautete der Titel.1

Oben schaute ein gelber Zettel heraus. Er lag genau zwischen den Seiten, wo das Kapitel über Markus begann. Auf dem Zettel stand: „Geburtstag – Annette – Mittwochs – 1900 Abendessen“.

Annette und ihren Mann Peter hatten wir kennengelernt, kurz nachdem wir an den Mittelrhein gezogen waren. Sie waren die Leiter des Hauskreises, dem wir uns angeschlossen hatten.

Der Zettel musste also mehr als 20 Jahre an dieser Stelle gelegen haben. „Als wenn er die ganze Zeit auf mich gewartet hat.“, dachte ich verwundert und begann die Ausführungen von Pastor Wilhelm Busch über Markus zu verschlingen.

Station 1: Jesus

„Und ein junger Mann folgte ihm nach …“
(Markus 14, 51)

Judas stand vor ihm, vor Jesus, sagte „Rabbi“ und küsste ihn. Die jüdischen Führer hatten eine ganze Gruppe von bewaffneten Männern in den Garten Gethsemane geschickt, um Jesus gefangen zu nehmen. Und Judas, der Verräter, sollte sie zu ihm führen. Als sie nach Jesus griffen, gab es ein kurzes Handgemenge. Einige kurze Sätze von Jesus und alle Jünger flohen.

Dann berichtet Markus: „Und ein junger Mann folgte ihm nach, der war mit einem Leinengewand bekleidet auf der bloßen Haut; und sie griffen nach ihm. (52) Er aber ließ das Gewand fahren und floh nackt.“2

Markus ist der einzige der vier Evangelisten, der diese kurze, nebensächliche Begebenheit erwähnt. Daher können wir davon ausgehen, dass es sich hier um einen autobiographischen Einschub handelt. Vermutlich berichtet also Markus hier über sich selbst.

Eine besondere Nacht

Johannes Markus kam aus guten Verhältnissen. Seine Mutter Maria war Witwe und sie wohnten auf einem großen Anwesen mit Bediensteten in Jerusalem. Sie muss schon früh zu den Anhängern Jesu gehört haben, denn wir lesen später von ihr, dass sie ihr Haus den Nachfolgern Christi als Treffpunkt zur Verfügung stellte.3

Die Jugend des Johannes Markus wird daher wohl relativ unbeschwert gewesen sein. Zumindest musste die Familie sich nicht für das tägliche Brot abkämpfen. Johannes kam durch seine Mutter offensichtlich schon bald mit der Bewegung dieses Jesus von Nazareth und den Aposteln in Berührung. Er lebte in ihrem Dunstkreis und schnupperte „christliche Luft“.

Doch wie geschah es, dass der junge Johannes Markus in dieser besonderen Nacht plötzlich im Garten Gethsemane auftauchte? Und dazu noch so flüchtig bekleidet?

Vielleicht lag sein Zuhause in der Nähe und Johannes Markus war von den ungewöhnlichen Geräuschen und dem Leuchten der Fackeln wach und neugierig geworden. Schnell stand er auf, warf sich etwas über und eilte an den Ort des Geschehens. Aus sicherer Entfernung verfolgte er angespannt die dramatischen Ereignisse, wie Petrus das Schwert erhob und einem Knecht des Hohenpriesters mit einem Schlag das Ohr abtrennte. Noch mehr zog ihn vermutlich Jesus in den Bann, wie er dem ganzen Zug der Bewaffneten mit Autorität und Vollmacht entgegentrat.

Als dann alle Jünger flohen und Jesus gefangen abgeführt wurde, musste Johannes Markus einfach hinterher und sehen, wie diese Sache ausgehen würde. Dann wurden jedoch einige der Bewaffneten auf ihn aufmerksam und versuchten ihn zu ergreifen. Da verließ ihn sein ganzer Mut, er wich zurück, ließ in voller Panik sein Gewand zurück und floh nackt in die Dunkelheit.

Station 2: Petrus

Vermutlich war Johannes Markus später auch Zeuge einer zweiten außergewöhnlichen Nacht, in der Petrus, den alle im Gefängnis auf seine Hinrichtung wartend wähnten, plötzlich an das Tor des Anwesens seiner Familie klopfte und um Einlass bat.

Unglaublich diese Geschichte seiner Befreiung durch den Engel, die Petrus dann den Versammelten, die sich dort zum Beten getroffen hatten, erzählen konnte!4 Wenn er dabei war, wird dies auf jeden Fall einen großen Eindruck auf Johannes Markus gemacht haben.

Da Petrus direkt dorthin gegangen war, ist im Übrigen davon auszugehen, dass Petrus im Haus der Maria, der Mutter des Johannes Markus, ein- und ausging und sich die Nachfolger Jesu hier regelmäßig trafen.

Insofern machte der junge Johannes wohl schon früh die Bekanntschaft von Petrus und den übrigen Jüngern.

Johannes Markus war also mittendrin in dem Geschehen dieser aufregenden Zeit, als nach der Auferstehung Jesu und seiner Himmelfahrt zu Pfingsten und danach Tausende in Jerusalem zum Glauben kamen. Dies war eine große Zeit der Erweckung und des geistlichen Aufbruchs.

Die ersten Wellen der Verfolgung in Jerusalem waren dabei einerseits zwar beängstigend, bedrohlich und schmerzhaft. Andererseits stärkte dies den Zusammenhalt der Gläubigen untereinander. Und durch die Vertreibung und Flucht der Nachfolger Christi beschleunigte sich sogar noch die Ausbreitung der Guten Nachricht weit über Jerusalem und die nähere Umgebung hinaus und es entstanden an vielen Orten kleine christliche Gruppen und Versammlungen.5

Inwieweit aber war Johannes Markus bereits auch innerlich ein Teil dieser neuen Bewegung? War er nur Zuschauer oder Mitläufer? Oder hatte er sich schon bekehrt?

Station 3: Barnabas (1)

Paulus und Barnabas hatten ein ganzes Jahr in der jungen und dynamisch wachsenden Gemeinde in Antiochia gedient, als ein Prophet dort auftrat und eine große Hungersnot vorhersagte. Daraufhin wurde in der Gemeinde Geld gesammelt und Paulus und Barnabas erhielten den Auftrag, diese Spende zu den Ältesten nach Jerusalem zu bringen.6 Nachdem sie diese Aufgabe erledigt hatten, nahmen sie Johannes Markus mit sich und kehrten wieder nach Antiochia zurück.7

Wie es wohl dazu gekommen ist, dass sie den Johannes Markus mitnahmen? Vermutlich trafen sie sich in dem Haus der Maria, seiner Mutter. Dafür, dass es wahrscheinlich so gewesen sein muss, spricht ein weiteres Detail, das uns die Bibel mitteilt. Johannes Markus war der Vetter von Barnabas und somit waren Barnabas, Maria und Johannes Markus miteinander verwandt.8

War Johannes Markus so begeistert von der Sache Jesu, dass er unbedingt mitkommen wollte? Oder hatten Barnabas und Paulus das Anliegen, diesen jungen Mann als ihren Schüler unter ihre Fittiche zu nehmen?

Station 4: Paulus und Barnabas

Johannes Markus ging dann auch als Gehilfe mit Paulus und Barnabas auf Missionsreise, erlebte die erstaunlichen Ereignisse in Zypern. Und stieg dann in Perge aus …9

Was war nur los mit diesem Johannes Markus? Hatte er sich diese Reise anders vorgestellt? War das Ganze einfach zu viel für sein Gemüt und körperlich zu anstrengend? Oder war er in seinem Glauben einfach noch nicht so weit, fehlte ihm die Reife?

Station 5: Barnabas (2)

Später tauchte Johannes Markus wieder in Antiochia auf. Paulus und Barnabas, ich berichtete, sprachen über ihre zweite Missionsreise und gerieten in einen heftigen Streit – wegen Johannes Markus.

Barnabas wollte ihn unbedingt mitnehmen, ihm eine zweite Chance geben. Für Paulus kam aber gerade das nun überhaupt nicht in Frage. Auf keinen Fall! Und so trennten sie sich. Johannes Markus ging mit Barnabas nach Zypern. Danach haben wir nur noch …

Kurznotizen

„Es grüßt euch aus Babylon die Gemeinde, die mit euch auserwählt ist, und mein Sohn Markus.“
(1. Petrus 5, 13)

Viele gehen davon aus, dass Petrus mit „mein Sohn Markus“ den Johannes Markus gemeint hat. Petrus sah in ihm dann wohl sein geistliches Kind, so sehr war Johannes Markus ihm als Schüler und Gehilfe ans Herz gewachsen.

Das würde sehr gut passen, da das Markus-Evangelium nach der christlichen Tradition auf den Augenzeugenberichten des Petrus beruhen soll.

Ob Petrus mit „Babylon“ tatsächlich die Stadt am Euphrat oder aber verschlüsselt einen anderen Ort, z.B. Rom, gemeint hat, ist hier nicht so entscheidend.

Eines zeigt sich jedoch sehr deutlich. Wir sehen hier einen neuen Johannes Markus. Er diente nun hingebungsvoll in der Fremde. Er war voll dabei – ein Nachfolger UND ein Diener Christi. Seine frühere Unbeständigkeit, Bequemlichkeit, seine Scheu und seine Ängste konnte er ablegen. Alles, was vorher einer treuen Mitarbeit im Reich Gottes im Weg gestanden haben mag, war aus dem Weg geräumt.

Diese Verwandlung bestätigte uns sogar der Apostel Paulus, indem er Timotheus schrieb: „Markus nimm zu dir und bringe ihn mit dir; denn er ist mir nützlich zum Dienst.“ (2. Timotheus 4, 11)

Tatsächlich hatte Johannes Markus später offensichtlich wieder mit und für Paulus gearbeitet.10 Diesen kurzen Hinweisen können wir jedenfalls entnehmen, wie Paulus nun den Johannes Markus wertschätzte und dass er ihn gerne für wichtige Aufgaben einsetzte.

Perlen auf einer Schnur

Vielleicht fragst du dich jetzt, warum ich mir die Mühe gemacht habe, die Geschichte des Johannes Markus nachzuzeichnen. Natürlich – ich finde es spannend, die Biographien der Menschen, die uns in der Bibel begegnen, zu betrachten. Aber viel wichtiger ist es mir, dabei die Fußabdrücke Gottes zu entdecken und begreifbar zu machen.

Die kleinen Notizen der Bibel über Johannes Markus sind für mich Perlen auf einer Lebensschnur, die von der Größe Gottes erzählen. Alle diese Indizien seines Lebens weisen darauf hin. Wie Gott diesen jungen Mann im Blick hatte, an ihm arbeitete, ihn entwickelte, ihn verwandelte und damit ganz neu machte.

All das machte er offensichtlich nicht in wenigen Momenten. Sondern Gott wirkte über Jahre und Jahrzehnte an Johannes Markus. Er packte und formte ihn. Und so wurde aus Johannes Markus einer der ganz Großen im Reich Gottes: Markus, der Evangelist.

Sein Werk wurde und wird millionenfach in Hunderten von Sprachen überall auf der Welt vervielfältigt, gedruckt und gelesen. Einer nicht zu zählenden Menge von Suchenden und Gläubigen ist er damit zum Segen geworden.

Aber mir geht es nicht um die Größe von Markus. Sondern darum, dass seine Geschichte uns beispielhaft zeigt, wie Gott auch an jedem von uns dran ist. Er packt uns, drückt und zieht hier und da. Er bewegt uns. Dann legt er uns für einen Moment zur Seite und lässt uns eine Weile in Ruhe. Dann greift er wieder nach uns. Er formt und gestaltet uns. Und er sieht schon jetzt das Bild, wie wir einmal sein werden. Und was mich am meisten begeistert: Am Ende von vielen Randnotizen oder Eingriffen Gottes in unserem Leben liegt ein wunderbares Ziel! Ist das nicht einfach großartig?


1 Busch, Wilhelm (1997): Männer der Bibel – unsere Zeitgenossen. 2. Auflage, Neukirchen-Vluyn, Aussaat Verlag
2 Markus 14, 51 f.
3 Apostelgeschichte 12,12 f.
4 vgl. Apostelgeschichte 12, 1 – 17
5 vgl. Apostelgeschichte 8, 1 – 4 und 11, 19 ff.
6 vgl. Apostelgeschichte 11, 26 – 30
7 vgl. Apostelgeschichte 12, 25
8 vgl. Kolosser 4, 10
9 vgl. Apostelgeschichte 13, 1 – 13
10 vgl. auch Kolosser 4, 10

Bibelverse zitiert aus:
Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
Die Verwendung des Textes erfolgt mit Genehmigung der Deutschen Bibelgesellschaft.


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Über den Autor:

Torsten Ratschat, gebo­ren 1967, ist leitender Angestell­ter in der Stahl­industrie. Er ist verhei­ratet und hat 3 erwach­sene Kinder.

„Gottes Plan beinhaltet, dass mit unbekannten Leuten an unwichtigen Plätzen zu belanglosen Zeiten etwas ganz Großartiges und Wunderbares geschieht.“

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Eine Antwort

  1. Günter Romer sagt:

    Torsten, ich finde es immer wieder spannend deinen Einblick und Sichtweise auf die Heiligen der damaligen Zeit zu lesen.

    Ich glaube, solche Prozesse geschehen mit den zum heilig werden bestimmten Personen unserer Zeit genau so.

    Es gibt Menschen, die sind zum Heilig sein bestimmt. Letztendlich formt und gibt das Leben mit allen Höhen und Tiefen den letzten Schliff, ganz Mensch zu werden um später als Heiliger zu gelten.

    Vielen Dank für deine Liebe und Zeit, die Du mit deiner Mühe weitergibst.

    Liebe Grüße Günter

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