Barth

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„Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich.“ (Jesaja 40, 8)

Vor ein paar Tagen habe ich mit meiner Frau einen regnerisch bis stürmischen Nachmittag in Barth verbracht. Das kleine, beschauliche Städtchen liegt am südlichen Ufer des Barther Boddens und damit beinahe gegenüber des bekannten Ostseeheilbades Zingst im Kreis Vorpommern-Rügen. Dieser Ort, der vermutlich in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstand, verbindet auf außergewöhnliche Weise drei Männer miteinander – zumindest virtuell, wie wir heute sagen würden.

Der erste von ihnen, Martin Luther (1483 – 1546), ist in vielerlei Hinsicht ein Schwergewicht und sicherlich allen Lesern zumindest flüchtig bekannt. Ihm verdanken große Teile Europas die Reformation und Deutschland nicht nur die bedeutendste deutsche Bibelübersetzung, sondern letztlich auch einen der wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung der deutschen Sprache.

Der zweite Mann ist Johannes Bugenhagen (1485 – 1558). Er war ein enger Weggefährte Luthers, einer der wichtigsten Reformatoren und Theologen seiner Zeit und wirkte vor allem in Norddeutschland und Dänemark. Eines seiner besonderen Verdienste – und Grund dafür, dass er hier erwähnt wird – war, dass er als Herausgeber an der Entstehung der Lübecker Bibel von 1533/34 mitwirkte. Diese Bibel, die auch Bugenhagen-Bibel genannt wird, war die erste mittelniederdeutsche Ausgabe der Lutherbibel, die mit Fertigstellung am 01. April 1534 sogar noch vor der kompletten hochdeutschen Ausgabe Luthers erschien. Sie war Vorbild weiterer Bibelausgaben, die nach und nach in verschiedenen Sprachen und Ländern Nordeuropas entstanden.

Der Dritte im Bunde war Bogislaw XIII. (1544 – 1606), Herzog von Pommern und Regent in Barth. Da er bei Luthers Tod noch keine 2 Jahre und beim Tod von Bugenhagen erst 13 Jahre alt war, ist anzunehmen, dass Bogislaw den beiden nicht persönlich begegnet ist. Die berechtigte Frage ist daher: Was haben Bogislaw mit Luther und Bugenhagen gemeinsam?

Die Antwort auf diese Frage, die sich mir im Vorhinein gar nicht gestellt hatte, klärte sich, als wir an diesem Nachmittag das ehemalige Sankt-Jürgen-Hospital in Barth, ein früheres Hospital für Leprakranke und später ein Armenhaus, besuchten. Heute ist dort das Bibelzentrum Barth sowie die Mecklenburgische und Pommersche Bibelgesellschaft untergebracht. Hier konnte ich als Herzstück der Ausstellung das Objekt bestaunen, das die Namen dieser drei Männer, Martin Luther, Johannes Bugenhagen und Bogislaw XIII. miteinander verbindet: Die Barther Bibel von 1588.

Bogislaw XIII. hatte sich zum Ziel gesetzt, möglichst jede Kirche in seinem Einflussbereich mit einer eigenen Bibel auszustatten. Das war damals alles andere als selbstverständlich. Nicht jeder Pfarrer konnte auf eine eigene Bibel zurückgreifen; schließlich war der Buchdruck in jener Zeit unglaublich aufwendig und teuer.

Um sein Vorhaben zu verwirklichen, ließ Bogislaw 1582 in unmittelbarer Nähe seines Schlosses in Barth Gebäude für eine fürstliche Druckerei und Buchbinderei errichten und mit allem Nötigen ausstatten. Auf Basis der Lübecker Bibel von 1533/34 oder Bugenhagen-Bibel ließ er dann etwa 700 prachtvolle und qualitativ hochwertige Altarbibeln drucken, kolorieren, binden und verteilen.

Barth um 1590; die fürstliche Druckerei befindet sich rechts neben dem Schloss oben links im Bild.

Warum erzähle ich diese Geschichte? Als ich von ihr im Bibelzentrum hörte und dann das dort ausgestellte, sehr gut erhaltende Exemplar der Barther Bibel sah, war ich tief beeindruckt. Beeindruckt von der Liebe dieses Herzogs zu Gottes Wort und fasziniert von der Leidenschaft, der Ausdauer und dem Engagement sein Vorhaben umzusetzen. Das war schließlich in jeglicher Hinsicht keine Kleinigkeit. Das Projekt brauchte mit Sicherheit einige Jahre und verschlang eine Unsumme Geld. Bei einem geschätzten Gegenwert von heute ca. 5.000 – 7.000 Euro pro Exemplar (damals 8 Sundische Mark) kommt man dabei immerhin auf etwa 3,5 – 4,9 Mio. € Gesamtkosten!

Die obige Schriftstelle aus Jesaja 40 lautet übrigens in der Barther Bibel in niederdeutscher Sprache wie folgt:

Ja / dat Volck is dat Höw. (8) Dat höw verdörret / de Blome verwelcket. Auerst dat Wort vnses Gades blifft ewichlick.

Und genauso ist es! Die drei Männer sind Geschichte, ihre Errungenschaften werden von Kennern zu Recht hochgelobt. Für Gottes Wort hatten sie sich eingesetzt und viel riskiert, nicht nur Zeit und Geld. Aber sie sind nicht mehr unter uns, sie sind gestorben und liegen in ihren Gräbern. Ihr Ruhm und ihr Erbe sind für viele unserer Zeitgenossen verblasst.

Gottes Wort jedoch ist und bleibt für alle Zeiten gültig. Und darum war der Einsatz dieser drei Männer nicht umsonst. Er hat sich gelohnt; ihre Namen sind bis heute verbunden mit der Geschichte der Heiligen Schrift. Diese Männer sind ein Zeugnis davon, wie Gott durch den Heiligen Geist an Menschen wirkt und wie der Glaube Berge versetzen kann. Ich übertreibe nicht. Diese Drei haben, jeder auf seine Art und mit seinen Gaben, buchstäblich Berge versetzt. Sie haben ihre Welt geprägt und verändert. Durch ihren Einsatz wurde die Geschichte von Menschen, ja die ganzer Regionen und Länder, neu geschrieben. Das Herzstück ihres Lebens war Gottes ewiges Wort, die Heilige Schrift. Damit sind sie uns zu großen Vorbildern geworden und wir können nicht anders als darüber staunen.


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Hier noch der interessante Link zum Bibelzentrum Barth.


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Bibelverse zitiert aus:
Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
Die Verwendung des Textes erfolgt mit Genehmigung der Deutschen Bibelgesellschaft.
und
Barther Bibel, Download eines Ausschnitts aus der digitalisierten Version unter: https://www.digitale-bibliothek-mv.de/viewer/image/PPN684732467/1/LOG_0000/


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Über den Autor:

Torsten Ratschat, gebo­ren 1967, ist leitender Angestell­ter in der Stahl­industrie. Er ist verhei­ratet und hat 3 erwach­sene Kinder.

„Gottes Plan beinhaltet, dass mit unbekannten Leuten an unwichtigen Plätzen zu belanglosen Zeiten etwas ganz Großartiges und Wunderbares geschieht.“

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