Dienstbereit?

Lesezeit: 4 Minuten

Die Art und Weise, wie es hier bei uns läuft, widerspricht in vielerlei Hinsicht den Vorstellungen Gottes.
Ein Beispiel gefällig? Jesus Christus spricht es selbst einmal bei seinen Jüngern an:

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„Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. So soll es nicht sein unter euch …“ (Matthäus 20, 25 f.)

Das Recht des Stärkeren

Dies gilt sicherlich nicht nur in der Zeit Jesu, sondern auch heute. In deiner Heimat gibt es vielleicht Freiheit und Demokratie, aber schau mal auf die Landkarte dieser Welt. Sicherlich fallen dir dann einige Staaten ein, in denen Despoten und Diktatoren ihre Völker mit starker und rücksichtsloser Hand beherrschen.

„Nun, das ist ja alles ganz weit weg und geht mich nichts an!“, magst du nun denken. Aber ist das wirklich so? Zählt nicht auch bei uns das Recht des Stärkeren? Ist nicht genau dieses Prinzip – vereinzelt oder als Regel – auch in unserer Gesellschaft und damit in unserem Leben allgegenwärtig? Natürlich nicht immer so offensichtlich und hässlich wie in einem brutalen Regime …

Doch da ist das Kind, das sich im Kindergarten oder auf dem Pausenhof „durchboxt“. In den Firmen werden kräftig die Ellbogen eingesetzt, um nach oben zu kommen oder sich dort zu halten. Es gibt Beamte, die nutzen ihre Macht aus oder lassen sich korrumpieren. Frauen und Kinder werden missbraucht, vergewaltigt und in die Prostitution gezwungen. Gewalt in der Familie – ja, genau das passiert auch in unserem Land, manchmal direkt vor unseren Augen, vor unserer Haustüre, in der unmittelbaren Nachbarschaft.

Wen juckt’s?

„Das ist natürlich alles traurig, aber damit habe ich ja nichts zu tun.“, willst du vielleicht nun einwenden. Aber natürlich kann ich uns beiden jetzt nicht ersparen, dir noch näher „auf die Pelle zu rücken“. Denn, wenn wir ehrlich miteinander sein wollen, dann ist es doch so, dass das Prinzip, das hinter all dem steht, uns beiden sehr wohl bekannt und zu eigen ist, nicht wahr?

Was ich damit meine? Nun, ich meine diese Motivation und Kraft, die uns immer wieder antreibt, unseren Willen durchsetzen, uns zu erheben und über andere bestimmen zu wollen. Wir haben – beinahe automatisch – immer zuerst uns selbst, unsere Wünsche und Bedürfnisse im Blick. Alles andere, nein alle anderen, haben sich dem unterzuordnen. Und natürlich führt dies, weil wir alle so „gepolt“ sind, zu jeder Menge Konflikten und Streitereien, in denen mit allen verfügbaren Mitteln gekämpft wird, um die Oberhand zu gewinnen.

Groß sein …

Genau darum drehte es sich in dieser Situation, in der Jesus seine Jünger so deutlich zurechtweisen musste. Was war passiert? Jakobus und Johannes hegten den Wunsch, besondere Positionen einzunehmen. Ob das die Idee ihrer Mutter war, sie ihre Mutter deswegen vorschickten oder ob sie selbst zu Jesus kamen, um ihn zu bitten: „Gib uns die Plätze rechts und links neben dir in deinem Reich.“1, spielt nicht wirklich eine Rolle. Fakt ist, sie wollten ganz nach oben, sie wollten an die wichtigsten Schaltstellen der Macht gelangen. Sprich, sie wollten – nach Jesus – die Größten in Gottes Herrschaftsbereich werden.

Als das die anderen Jünger mitbekamen, wurden die selbstverständlich total sauer. „Was für eine Unverschämtheit! Was bilden die sich denn ein?“, hören wir sie fast rufen. Und schon ging das Diskutieren und Streiten los …

Nachdem Jesus bereits versucht hatte, Johannes und Jakobus wachzurütteln2, war es nun nötig, alle Jünger zusammenzutrommeln, um sie wieder auf die richtige Spur zu bringen:

„Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. (26) So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; (27) und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht, (28) so wie der Menschensohn nicht gekommen ist, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele.“ (Matthäus 20, 25 – 28)

Gott denkt also an dieser Stelle völlig anders als wir: Nicht Boss, sondern Knecht sein, nicht herrschen, sondern dienen ist seine Platzanweisung für uns. Darin liegt die wahre Größe in seinem Reich. Das ist das, nach dem wir streben sollen.

… im Alltag

Was bedeutet dies nun für unser Leben?

Zunächst einmal kann das sehr entkrampfend und befreiend wirken. Du musst nicht mehr der Stärkste, der Beste, der Tollste sein. Du kannst aufhören, um Positionen und (Macht-)Stellungen zu kämpfen.

Dann hast du aber auch eine Aufgabe. Du darfst danach fragen, was dem anderen Gutes tut. Du sollst und kannst Dinge in Bewegung setzen, die dem anderem dienen.

Die Frage, wer der andere ist, stellt sich dabei beinahe gar nicht mehr. Du begegnest ihr oder ihm in deinem Alltag – in deiner Familie, in der Nachbarschaft, in der Schule, an deinem Arbeitsplatz, in der Stadt, beim Arzt oder an der Bushaltestelle. Und ja, es sind auch die Fremden, die Unfreundlichen und Unsympathischen, die Armen und die Schwachen, die Hässlichen und Unbedeutenden, die Gott uns ans Herz legt. Vielleicht gerade die!

Wie du das konkret anpacken kannst? Weißt du was, es sind nicht immer die großen Sachen, die zählen. Fang einfach erst mal an. Ein gutes Wort, ein Lächeln, eine nette Geste, eine Postkarte, kleine Gefälligkeiten, Zeit verschenken oder für den anderen beten … Wie gut diese vermeintlichen Kleinigkeiten doch oft tun! Wenn du auf andere acht hast, ergibt sich das „Was“ und „Wie“ häufig schon von selbst.

Überlege auch mal, mit wem du in deinem Umfeld am schlechtesten kannst, wer dir am meisten Mühe bereitet. Was könnte – mit Gottes Hilfe – passieren, wenn du diesem Menschen dienst, ihm freundlich begegnest und großzügig bist. Könnte dies etwas verändern – bei dem anderen, in eurem Verhältnis, bei dir?

Jedenfalls ist es so: Wenn du den anderen in Blick nimmst, kommst du weg davon, nur auf deine Bedürfnisse zu schauen und dich um dich selbst zu drehen. In gewisser Weise wird dich das befreien. Plötzlich relativieren sich die eigenen Sorgen, Empfindlichkeiten und Verletzungen. Zumindest ist dies meine Erfahrung.

Wenn ich dem anderen diene, ergeben sich neue Perspektiven und Sichtweisen. Mein Leben bekommt einen neuen Sinn. Du bist dann vielleicht nicht der Super-Fromme, der tolle Prediger oder Lobpreis-Musiker. Aber eins ist dann sicher: Du bist voll in der Spur Gottes!


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1 vgl. Matthäus 20, 20 ff. mit Markus 10
2 vgl. Matthäus 20, 22 f. und Markus 10, 38 – 40

Bibelverse zitiert aus:
Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
Die Verwendung des Textes erfolgt mit Genehmigung der Deutschen Bibelgesellschaft.


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Über den Autor:

Torsten Ratschat, gebo­ren 1967, ist leitender Angestell­ter in der Stahl­industrie. Er ist verhei­ratet und hat 3 erwach­sene Kinder.

„Gottes Plan beinhaltet, dass mit unbekannten Leuten an unwichtigen Plätzen zu belanglosen Zeiten etwas ganz Großartiges und Wunderbares geschieht.“

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Eine Antwort

  1. Günter Romer sagt:

    Die Gedanken treffen den Nagel voll auf den Kopf.

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