Stopp es!

Lesezeit: 5 Minuten

Der Kompass des Lebens

Als der Apostel Petrus seinen praktischen Teil in seinem Schreiben an die Christen in Kleinasien, die unter schwierigen Bedingungen lebten, begann, stellte er, wie wir im Artikel Orientierung gesehen haben, eine große Aussage voran:

„Richtet euch daher ganz auf Jesus Christus aus; lebt so, dass ihr für sein Kommen bereit seid! Bleibt wachsam und besonnen und setzt eure Hoffnung völlig auf die Gnade, die euch erwiesen wird, wenn er in seiner Herrlichkeit erscheint.“
(1. Petrus 1, 13)

Dies ist sozusagen das Motto, wenn es gilt, den Durchblick in einem Leben in einer „feindlichen“, gottlosen Umgebung zu behalten. Unser Kompass des Lebens als Christen soll auf Jesus Christus ausgerichtet sein.

Jederzeit – sonst besteht die Gefahr vom richtigen Kurs abzukommen, in untiefe Gewässer zu geraten oder Schiffbruch zu erleiden.

Wir sollen aufmerksam sein und dürfen den Kopf auch dann nicht verlieren, wenn es um uns herum wütet und stürmt und die Welt über uns zusammenzubrechen scheint.

Auch in solchen Zeiten scheint die Hoffnung und die Gnade, die wir in IHM haben, wie ein hell scheinender Leuchtturm in der Dunkelheit.

Praxispunkt No. 1

„Wie aber soll das praktisch gehen?“ ist die Frage, die sich nun förmlich aufdrängt.

Das Schöne am 1. Petrusbrief ist, dass er sich genau damit ausführlich beschäftigt. Wir müssen ihn nur aufmerksam lesen und darüber nachdenken.

Die erste Anweisung, die sich der oben erwähnten, großartigen Aussage von Petrus anschließt, lautet:

„Richtet euch als gehorsame Kinder Gottes nicht mehr nach den eigensüchtigen Wünschen aus jener früheren Zeit, als ihr noch nichts ´von Christus` wusstet.“
(1. Petrus 1, 14)

Lass das sein!

Interessant ist, dass Petrus hier mit dem Negativen beginnt, also mit dem, was wir als Christen unterlassen sollen.

Und er steht hiermit nicht alleine da. Auch der Apostel Paulus bedient sich immer wieder dieser Vorgehensweise.

Wir finden dies beispielsweise in Epheser 4. Nachdem Paulus die Christen auffordert, ein Leben zu führen, dass der Berufung Gottes würdig ist, fährt er mit einer ganz ähnlichen Aussage wie Petrus fort: „Aus all diesen Gründen fordere ich euch im ´Namen des` Herrn mit Nachdruck auf, nicht länger wie die Menschen zu leben, die Gott nicht kennen.“1

Im Kolosserbrief sehen wir es ganz ähnlich: „Richtet eure Gedanken auf das, was im Himmel ist, nicht auf das, was zur irdischen Welt gehört.“2

Völlig überflüssig?

Wie kann das sein? Waren nicht alle diese Menschen zum Glauben gekommen? Hatten sie nicht alle die Vergebung ihrer Sünden erfahren? Waren sie nicht bereits von neuem geboren worden und damit eine neue Schöpfung?3 Das Alte war doch vergangen – wieso musste diese „rückwärts gerichtete“ Ermahnung sein? Hatten sie das nicht bereits alles hinter sich gelassen und war diese Aufforderung daher nicht völlig überholt und überflüssig?

Tatsächlich hat es in der langen Kirchengeschichte immer wieder Leute und Strömungen gegeben, die genau das lehrten. Und es gibt sie immer noch. In unterschiedlichen Varianten.

Da sind z.B. diejenigen, die sündlose Perfektion (engl. sinlesss perfection) lehren, also dass ein Christ in seinem alltäglichem Leben praktisch gar nicht mehr sündigen kann bzw. wird und nachhaltig einen immer moralisch einwandfreien Lebenswandel führt.

Diese Lehre wurde und wird in sehr verschiedenen Ausführungen vertreten. Das Spektrum dieser Ansichten reicht, ganz einfach ausgedrückt, von „Ein Mensch geht sofort nach der Wiedergeburt (automatisch) immer völlig rein, unbefleckt und sündlos durch’s Leben.“ bis zu „Ein Christ nimmt im Laufe seines Lebens in der Heiligung immer mehr zu, sodass er den Punkt erreicht, ab dem er sich im Alltag ethisch immer völlig anständig, perfekt und sündlos verhalten wird.“4

Andererseits gab und gibt es in dieser Hinsicht Lehrmeinungen, die in das andere Extrem fallen und behaupten, dass das Verhalten eines Christen völlig unerheblich ist. Ein Christ sei jemand, der aus Gnade errettet ist und nicht mehr unter dem Gesetz stehe. Extrem gesagt könne er sich deswegen nun so gut oder schlecht benehmen, wie er nur wolle. Die Sünde könne ihm jetzt nichts mehr anhaben und das Gesetz ihn nicht mehr verurteilen.5

Nein, auf keinen Fall!

Natürlich ist das alles völlig falsch, wie wir schon allein in den obigen Versen von Petrus und von Paulus sehen können.

Johannes beschreibt die Gefahr, die von diesen Irrlehren ausgeht so: „Wenn wir behaupten, ohne Sünde zu sein, betrügen wir uns selbst und verschließen uns der Wahrheit.“6

Damit sie nicht „aufgeblasen“ und überheblich werden und so auf falsche Wege geraten, ermahnt Petrus die Christen: „Ihr seid freie Menschen. Doch missbraucht eure Freiheit nicht als Deckmantel für Böses, sondern zeigt ´durch die Art und Weise, wie ihr mit eurer Freiheit umgeht,` dass ihr Diener Gottes seid.“7

Ganz bekannt ist in diesem Zusammenhang auch der Ausruf des Apostels Paulus im Römerbrief, der gegen die Irrlehre des Antinomismus8 zielt: „Welchen Schluss ziehen wir nun daraus? Sollen wir weiterhin sündigen, damit sich die Gnade in vollem Maß auswirkt? (2)Niemals! Wir sind doch, was die Sünde betrifft, gestorben. Wie können wir da noch länger mit der Sünde leben?“9

Wir müssen also festhalten, dass ein Christ auf der einen Seite ein neuer Mensch, eine neue Schöpfung ist. Er ist geistlich lebendig geworden. Und damit hat er auch eine neue Stellung vor Gott. Seine Sünden werden ihm nicht mehr zugerechnet. Er ist ein Kind Gottes und vor Gott ganz rein.

Auf der anderen Seite leben wir aber noch in unserem alten Körper in dieser gefallenen Welt. Unsere falschen Gewohnheiten, Gedankenmuster und Verhaltensweisen sind nicht einfach „automatisch“ verschwunden und durch andere, bessere ersetzt worden.10

Nein! Die im vorigen Abschnitt ausgeführten Lehrmeinungen und Gedanken entsprechen nicht der biblischen Lehre. Und auch nicht den Erfahrungen, die Christen zu allen Zeiten gemacht haben und machen.

Warum sollten die Apostel ansonsten diese Ermahnungen so betonen? Sie wären in der Tat überflüssig!

Wir müssen daher feststellen, dass wir auch heute noch genau diese Ermahnungen brauchen. Wir müssen eben nicht nur „einfach an Christus glauben“, die Hände in den Schoß legen und darauf warten, dass ER dann alles gut machen wird. Keinesfalls!

Der tägliche Kampf

Was dann? Wir sind aufgefordert aktiv zu werden. Wir sollen „gehorsame Kinder Gottes“ sein.11 Nicht mehr den eigenen selbstsüchtigen Wünschen gehorchen. Nicht mehr unseren egoistischen Begierden nachgeben und unserem Ich dienen. Sondern Gottes Willen für unser Leben folgen.

Es geht also darum, aktiv Widerstand zu leisten und uns zu wehren gegen das in uns, was uns immer noch von Gott ablenken und fortreißen will. Das ist – leider – immer noch da.

Petrus weist darauf hin, dass wir uns in einem „Krieg“ befinden, in Kämpfen, die diese egoistischen Begierden gegen unsere Seelen führen.12 Dessen müssen wir uns bewusst sein.

Und deswegen müssen wir es immer wieder, ja täglich, rausholen: Das große Stopp-Schild gegen die „eigensüchtige Wünsche der früheren Zeit, als wir noch nichts von Christus wussten.“13

P.S.: Im nächsten Beitrag werden wir sehen, wie Petrus uns noch weitere, genauere Hinweise hierzu gibt.


Zur Vertiefung dieses Themas empfehle ich dir den Beitrag Sündig gerecht? . Schau ihn dir doch einfach einmal an!


1 vgl. Epheser 4, 1 + 17
2 Kolosser 3, 2
3 vgl. 1. Petrus 1, 1 + 2; 2. Korinther 5, 17
4 vgl. hierzu auch den gut verständlichen Artikel von R.C. Sproul (2013): The Heresy of Perfectionism. Auszug aus dem Buch „Pleasing God – Discovering the meaning and importance of sanctification“. verfügbar unter » https://www.ligonier.org/blog/heresy-perfectionism/ « [Aufruf am 13.09.2020]
5 Diese Irrlehre, die es ebenfalls in unterschiedlichen Ausprägungen gibt, wird mit dem Begriff Antinomismus (engl. antinomianism) bezeichnet.
6 Johannes 1, 8
7 1. Petrus 2, 16
8 Als Antinomismus wird die Lehre bezeichnet, die behauptet, dass Gott von Christen nicht (mehr) die Einhaltung von moralischen Regeln und Gesetzen erwartet.
9 Römer 6, 1 – 2
10 vgl. z.B. 1. Petrus 2, 1
11 vgl. 1. Petrus 1, 14
12 vgl. 1. Petrus 2, 11
13 ebenda

Bibelverse zitiert aus:
Neue Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen
Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft


Diesen Artikel gibt es übrigens auch in unserer neuen bibellesewelt.de-Veröffentlichung “zum Anfassen”:

Die vorherigen Beiträge der Serie “entdeckt.” findest du hier:
Eine Sommerreise
Das Grollen des Himmels
Le souffle sur la vallée
Gottes Plan
unvergänglich
Alles Gnade
In Not alles gut?
Orientierung

Mit folgenden Artikeln geht es weiter:
Der Sauhund
Seid heilig!
unbestechlich
100 %-Vertrauen


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Über den Autor:

Torsten Ratschat, gebo­ren 1967, ist leitender Angestell­ter in der Stahl­industrie. Er ist verhei­ratet und hat 3 erwach­sene Kinder.

„Allein die Tatsache, dass Gott durch die Bibel zu uns spricht, sollte uns motivieren neugierig zu werden und uns mit ihr zu beschäftigen.“

„Gott will, dass dein Leben gelingt! Dies zu entdecken wird das Beste sein, was dir je passieren kann!“

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