Wenn ich gehe

Lesezeit: 3 Minuten
Quelle: pikist.com/de

Mein Vater starb an dem Tag nach seinem 90. Geburtstag. Am Wochenende hatten wir ihn noch in der Villa Toskana besucht, einem wunderschönen und idyllisch gelegenen Anwesen, das so gar nicht wie ein typisches Seniorenheim aussieht. Er hatte noch gescherzt: „90 – so alt wird keine Kuh!“

Zwar hatte sich der Gesundheitszustand meines Vater in den letzten Monaten zunehmend verschlechtert, sodass die Pflege zuhause nicht mehr möglich war. Dennoch – als der Anruf mit der Nachricht seines Todes am frühen Montagmorgen kam, war das ein Schock für mich. Äußerlich funktionierte ich, versuchte meine Mutter zu unterstützen und ließ mir wenig anmerken. Innerlich aber war ich aufgewühlt und tagelang wie in Trance. Alles schien mir so unwirklich, so traurig …

Ein paar Tage später sah ich die Unterlagen meines Vater durch. Nach einer Weile stieß ich auf eine Klarsichthülle. „Was ist das denn?“ Plötzlich war ich hellwach. In der Hülle steckte über einem Blatt Papier, das mit „Mein letzter Wille“ überschrieben war, noch ein kleiner Zettel. Darauf hatte mein Vater notiert: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt. Hiob 19; 25“.

Mein Vater hatte seine tiefsten Gedanken gewöhnlich nicht auf der Zunge getragen. Und – ehrlich gesagt – ich wusste nicht, wo er in den Glaubensdingen stand. Aber nun das – Dankbarkeit und Frieden durchströmten mich!

Glauben – ganz stark

Hiob hatte alles verloren. Seine Kinder waren auf fürchterliche Art und Weise zu Tode gekommen. Sein ganzer Besitz und Reichtum waren dahin. Sein Körper war übersät „mit bösen Geschwüren von der Fußsohle an bis auf seinen Scheitel“.1 Seine Frau und seine besten Freunde waren ihm keine Unterstützung. Im Gegenteil: Sie machten ihm das Leben noch schwerer als es sowieso schon war. Und was machte Gott? Er schwieg …

Hiob war also in einer ganz schrecklichen und niederschlagenden Situation. Eines war ihm jedoch geblieben: Die „Trotzdem-Zuversicht“.

Und so sprach er zu seinen Freunden: „Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt, und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben. (26) Nachdem meine Haut noch so zerschlagen ist, werde ich doch ohne mein Fleisch Gott sehen. (27) Ich selbst werde ihn sehen, meine Augen werden ihn schauen und kein Fremder. Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.“2

Hiob legte sein Innerstes ganz offen. Seiner Not und Verzweiflung setzte er seine Hoffnung und Sehnsucht, ja, seine Gewissheit entgegen. Nichts blieb hier mehr verborgen. Angegriffen machte er sich damit noch mehr angreifbar.

Eines jedoch konnte ihm niemand nehmen. Hiob wusste um seinen Erlöser. Für ihn war das kein theoretischer, distanzierter Glaube, von dem er nur durch Dritte gehört hatte. Er sagte „mein Erlöser“.

Das alles war auch nicht nur eine wage, unbestimmte Hoffnung, ein verzweifelter Wunsch mit verschwindend geringer Eintrittswahrscheinlichkeit. Nein, Hiob bezeugte: „Ich weiß“.

Aus menschlicher Sicht gab es in seiner Lage keinen Ausweg mehr. Seine Frau hatte das scheinbar Unausweichliche so ausgedrückt: „Fluche Gott und stirb!“3

Aber Hiobs Glaube war stärker. Er hatte in Gott seinen Erlöser. Auch wenn nun sein geschundener Körper zugrunde gehen würde und er diese Welt verlassen musste, so würde doch seine Seele in der Gegenwart Gottes in der Ewigkeit weiterleben.

Das war für Hiob übrigens nicht nur eine Perspektive, der er sich jetzt notgedrungen zu stellen hatte. Keinesfalls! Denn genau das war in Wahrheit das Ziel seines Lebens und all seines Strebens: „Danach sehnt sich mein Herz in meiner Brust.“4

Oh, wenn wir doch alle so einen Glauben wie Hiob hätten!


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1 Hiob 2, 7
2 Hiob 19, 25 – 27
3 Hiob 2, 9
4 Hiob 19, 27

Bibelverse zitiert aus:
Die Bibel nach Martin Luthers Übersetzung, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
Die Verwendung des Textes erfolgt mit Genehmigung der Deutschen Bibelgesellschaft.


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Über den Autor:

Torsten Ratschat, gebo­ren 1967, ist leitender Angestell­ter in der Stahl­industrie. Er ist verhei­ratet und hat 3 erwach­sene Kinder.

„Gottes Plan beinhaltet, dass mit unbekannten Leuten an unwichtigen Plätzen zu belanglosen Zeiten etwas ganz Großartiges und Wunderbares geschieht.“

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