Alles Gnade

Lesezeit: 7 Minuten

Erfrischungen

Unsere diesjährige Sommerreise neigte sich so langsam dem Ende zu. Mit der zunehmenden Hitze der letzten Tage nahm bei uns die Motivation zu ausgedehnten Ausflügen sowie zu jeglicher körperlicher Aktivität ab. Selbst kleinere Sparziergänge verlegten wir auf die Abende, wenn die Sonne bereits hinter den Hügeln von La Béroche verschwunden war. Alles andere wäre einfach zu schweißtreibend gewesen.

Umso erfrischender war das Baden im See. Zunächst musste ich mich immer etwas überwinden, in das gefühlt kalte Wasser zu steigen. Wenn ich es dann aber geschafft hatte, war es einfach nur herrlich.

Und täglich grüßt das Murmeltier

Als eine andere Art der Erfrischung empfand ich die Tatsache, dass ich mich entschlossen hatte, während unseres Urlaubs eine kleine Pause von meiner bisherigen Bibellese zu machen und mich zu einer neuen, besonderen Stelle „treiben zu lassen“: Dem 1. Petrusbrief.

Hinzu kam, dass ich in meinem Bücherregal eine von diesen 1,50-€-Bibelausgaben entdeckt hatte, die mir für die manchmal etwas sorglose Behandlung am Urlaubsort besser geeignet schien als meine gewöhnlich genutzte Bibel. Statt meiner geliebten „Luther“ las ich dann also die Neue Genfer Übersetzung, was ebenfalls eine Bereicherung war und – nebenbei bemerkt – ja auch viel besser zur Schweiz passte … 🙂

Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit setzte ich auch nicht einfach an dieser neuen Stelle das fortlaufende Lesen fort, sondern hielt mich – und täglich grüßt das Murmeltier – während der gesamten Sommerreise im 1. und 2. Petrusbrief auf.

Dabei hatte mich, wie ich ja bereits berichtete (Sommerreise), schon auf der Hinfahrt das erste Kapitel des 1. Petrusbriefes so in den Bann gezogen, dass ich es jeden Urlaubstag auf‘s Neue durchging.

Der Titel, die Folgen und die Inhalte der neuen Serie „entdeckt“ waren also alles andere als geplant.

Gottes Plan

Was ich dann für mich neu entdeckt hatte, konntet ihr ja schon in den letzten Beiträgen lesen.

Ich war beeindruckt davon, wie der Apostel Petrus den in Bedrängnis geratenen Christen von Kleinasien den Plan Gottes vor Augen hielt und ihnen dabei vor allem Eines ganz groß machte: Das Erbarmen und die Gnade Gottes.

Dabei erwähnte er immer wieder einen ganz zentralen Punkt, der einen echten Christen kennzeichnet.

Dieser besondere Aspekt ist die Neu- oder Wiedergeburt, also das Geschenk des neuen Lebens.

Religion

Was wir vielleicht häufig vergessen oder übersehen, ist, dass es beim Christentum nicht einfach nur darum geht, als Mensch besser zu werden. Besser zu fühlen, besser zu denken, besser zu reden und besser zu handeln.

Es dreht sich dabei auch nicht bloß darum, das Gute zu vermehren. Mehr Frieden, mehr Anstand, mehr Moral, mehr Frömmigkeit …

Das alles ist kein Christentum – das ist Religion, d.h. menschliche Anstrengung und eigenes Bemühen, um Gott zu gefallen!

Und dies führt mich zu folgenden – mit Absicht etwas provozierenden – Fragen: Haben wir heutzutage möglicherweise – ganz generell gesprochen – zu viel Religion und zu wenig Christentum in unseren Kirchen und Gemeinden? Ist das vielleicht ein Grund dafür, dass wir als Christen so wenig „lebendig“ und „ansteckend“ auf die Menschen in unserem Umfeld wirken und alles Kirchliche in unserer Gesellschaft mehr und mehr in die Bedeutungslosigkeit versinkt?

Zu billig?

Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen – und ich überspitze jetzt bewusst -, dass wir unseren Glauben, ja unseren Herrn Jesus Christus selbst und das Kreuz viel zu billig verkaufen.

Wenn unsere Botschaft als Christen an die Leute dieser Welt sein sollte, dass schon eine „Entscheidung für Jesus“ oder ein „Übergabegebet“ sie automatisch in den „Christenstand“ hineinversetzt, dann erscheint mir das, mit Verlaub gesagt, zu kurz gesprungen.

Wie ich darauf komme? Um diese Frage zu beantworten, überlasse ich gleich denen das Wort, die es wissen müssen …

Das Besondere

Wie wird also in der Bibel beschrieben, was geschehen muss, damit aus Menschen, die ohne Gott leben, Christen werden?

Jesus ruft dem Ratsherrn Nikodemus zu:

„Ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“
(Johannes 3, 3)

Und er wiederholt das mit etwas anderen Worten nochmals in den Versen 5, 7 und 8.

Der Gedanke der Wiedergeburt und des neuen Lebens findet sich beinahe überall in den Briefen des Apostel Paulus. Er schreibt von den Christen, dass Gott sie vom Tod auferweckt und lebendig gemacht hat.1

Paulus betont darüber hinaus, dass Gottes Liebe in ihre Herzen ausgegossen wurde.2

Vielmehr ´wissen wir`: Wenn jemand zu Christus gehört, ist er eine neue Schöpfung. Das Alte ist vergangen; etwas ganz Neues hat begonnen!“, teilt er der Gemeinde in Korinth mit.3

Der Christ ist also jemand ganz Neues, nicht nur eine Verbesserung oder jemand, der an seinen Schwächen gearbeitet hat.

Der Apostel Petrus schreibt ebenfalls über die Neugeburt, die für ihn ein Anlass zum Jubeln ist.4 Christen, so stellt er fest, sind Bürger eines neuen Reiches und deswegen nur noch Gäste und Fremde in dieser Welt.5

Aber damit hört es nicht auf. Johannes, der geliebte Jünger Jesu, bezeugt: „Jeder, der glaubt, dass Jesus der ´von Gott gesandte Retter,` der Christus, ist, ist aus Gott geboren.“6

Und wir können sogar im Alten Testament etwas davon lesen, auch wenn es dort ganz anders ausgedrückt wird. „Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.“, lässt Gott den Propheten Hesekiel verkünden.7

Eine neue Kreatur

Wie könnte da also jemand auf die Idee kommen, dass das „Christwerden“ für uns so eine einfache Sache ist wie zum Beispiel die Aufnahme in einen Sportverein? Für die Mitgliedschaft entscheiden, Aufnahmeformular ausfüllen – fertig.

Nein, nein, wir müssen viel größer denken!

Krass ausgedrückt ist der Mensch ohne Gott (geistlich) tot, während der Christ lebendig ist.8 Das ist der Unterschied, den die Wiedergeburt ausmacht. Das Besondere am Christen ist also, dass er tatsächlich eine neue Schöpfung, eine neue Kreatur ist.9

Liegt es da nicht auf der Hand, dass wir nicht nur von einem Geschenk, sondern sogar mehr noch von einem Wunder Gottes sprechen müssen, wenn Gott einem Menschen neues Leben gibt?

Das ist das Erbarmen, die Gnade Gottes, die Luther, Zwingli, Farel, Calvin und all die anderen großen Reformatoren wiederentdeckt hatten. Das ist der Unterschied zwischen einer verkrusteten Institution Kirche und der lebendigen Gemeinde Gottes.

Lasst euch selbst als lebendige Steine in das Haus einfügen, das von Gott erbaut wird und von seinem Geist erfüllt ist.“, schreibt wiederum der Apostel Petrus.10 Lebendige Steine, geistlich lebendige Steine, neugeborene Steine – das ist der entscheidende Punkt.

Ein Skandal

Diese Botschaft von der unverdienten Gnade Gottes war schon zur Zeit der Apostel ein Aufreger.11a Weil sie den Leuten das Ruder aus der Hand nahm.

Besonders die führenden Juden, die Herren des Hohen Rates, die „Streng-Gläubigen“, regte das auf. Sollten die Ansichten dieser neuen Sekte tatsächlich richtig sein und allgemeine Akzeptanz im Volk finden, würden sie die Kontrolle verlieren. Die Kontrolle über ihr eigenes Schicksal und die Macht über ihre Zeitgenossen, die sie doch mit ihren Regeln und religiösen Vorschriften so gut lenken, steuern und beherrschen konnten. Das war ihre größte Angst. Ein echter Alptraum. Und besonders diese Sorge machte sie zu Todfeinden der Christen.

Jesus war für die Juden ein Gotteslästerer und die Botschaft vom Kreuz ein Ärgernis. Aber auch den Griechen, den damaligen Experten für Weisheit und Philosophie, gingen die Lehren der Christen gegen den Strich. Diese Theorien widersprachen völlig ihrem Weltbild und sie konnten es nicht fassen, wie ein Mensch, der auch nur einen Funken Verstand besaß, so blödsinnige Ansichten vertreten konnte.11

Eine Wieder- oder Neugeburt kann man eben nicht selbst „machen“ oder in Gang setzen. Das hat man nicht im Griff. Alle frommen Anstrengungen, auf die viele Leute auch heute noch bauen, sind dann wertlos. Und man steht dann plötzlich völlig „nackt“ und mittellos vor diesem großen und heiligen Gott. Welch ein Skandal!

Der Kampf geht weiter

Deswegen ist jede Religion, egal welcher Art, gänzlich entgegen dem Christentum. Und folglich ist die landläufige Ansicht, dass das Christentum eine Religion oder die christliche Kirche eine Religionsgemeinschaft sei, in Wirklichkeit völlig falsch.

Das allgemeine Prinzip aller Religionen, d.h. die Lehre, dass man durch fromme Anstrengungen selig wird, hat jedoch tragischerweise im Laufe der Geschichte auch immer wieder in den christlichen Kirchen um sich gegriffen und dort starken Einfluss gewonnen.

Der Apostel Paulus musste sich bereits in der Entstehungszeit der Gemeinden mit diesem Problem herumschlagen, wie es uns der Brief an die Galater deutlich zeigt.12

Wir sollten uns daher nicht wundern, wenn uns auch heutzutage Unmut aus der Kirche, aus Gemeinden oder aus christlichen Kreisen entgegenschlagen sollte, wenn wir die biblische Lehre der Rettung allein aus Gnade und/oder die Lehre der Wiedergeburt aus Sicht der Empörten zu sehr betonen.

Der Kampf um diesen zentralen Punkt der christlichen Botschaft geht also – sogar innerhalb der Kirche – weiter.

Hilflos?

„Was sollen wir bloß tun?“, riefen die Menschen völlig ratlos, als sie die Pfingstpredigt des Petrus gehört hatten, der Heilige Geist in ihnen anfing zu wirken, sie ihre Sünden erkannten und sie in ihrem tiefsten Inneren, in ihren Herzen getroffen waren.13

Und Petrus rief ihnen das zu, was vorher schon die Propheten, was Johannes der Täufer und was Jesus selbst immer wieder gepredigt hatten: „Tut Buße, kehrt um, wendet euch Gott wieder zu!“.14 Und „Lasst euch erretten aus diesem verkehrten Geschlecht!“15

Was nun?

Diese Predigt von Petrus hatte die Leute an den richtigen Punkt gebracht. Sie erkannten, dass sie, auf sich selbst gestellt, vor Gott nicht bestehen konnten. Die Zuhörer des Petrus waren – bildlich ausgedrückt – dabei, in ihren Sünden zu ertrinken und vermochten es nicht, sich in Sicherheit zu bringen.

Sie begriffen, dass sie völlig hilflos dem ausgeliefert waren, den sie beleidigt, beschimpft, geschlagen, gequält und ermordet hatten.16 Sie hatten sich gegen Gott vergangen, Gott selbst mit Füßen getreten. Sie brauchten also unbedingt diese Gnade Gottes und die Vergebung der Sünden.

Und genau darum geht es bei der Botschaft des Evangeliums. Das Evangelium von Jesus Christus ist die einzige Botschaft, die retten kann und die lebendig macht.

Unser Auftrag

Die große Frage ist: Was sollen wir als Christen nun tun?

Als Gläubige lieben wir 1. Petrus 2, 9:

Ihr jedoch seid das ´von Gott` erwählte Volk; ihr seid eine königliche Priesterschaft, eine heilige Nation, ein Volk, das ihm allein gehört …“

doch der Vers geht noch weiter:

„… und den Auftrag hat, seine großen Taten zu verkünden – die Taten dessen, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.“

Seine großen Taten verkünden. In unseren Kirchen, Gemeinden, christlichen Gemeinschaften sollen wir seine wertvolle Botschaft wieder ganz groß machen. Und – natürlich – in unserem alltäglichen Umfeld, in dieser Welt. Genau das ist das Gebot der Stunde. Immer noch.

Und eine dieser großen Taten Gottes, mit Sicherheit eine der wichtigsten und wunderbarsten, ist, dass Gott Menschen die Neugeburt und damit neues Leben schenkt. Allein aus Gnade …


1 vgl. z.B. Epheser 2, 5 f.
2 vgl. Römer 5, 5
3 2. Korinther 5, 17
4 vgl. 1. Petrus 1, 3 + 23
5 vgl. 1. Petrus 2, 10 f.
6 1. Johannes 5, 1
7 Hesekiel 36, 26; LUT
8 vgl. z.B. Epheser 2, 1
9 vgl. nochmals 2. Korinther 5, 17
10 1. Petrus 2, 5
11a vgl. z.B. Apostelgeschichte 28, 22
11 vgl. 1. Korinther 1, 18 – 24
12 vgl. Galater 3, 1 ff.
13 vgl. Apostelgeschichte 2, 37
14 vgl. Apostelgeschichte 2, 38
15 Apostelgeschichte 2, 40 (LUT)
16 Apostelgeschichte 2, 36

Bibelverse zitiert aus:
Neue Genfer Übersetzung – Neues Testament und Psalmen
Copyright © 2011 Genfer Bibelgesellschaft
und
Lutherbibel, revidiert 2017, © 2016 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart


Diesen Artikel gibt es übrigens auch in unserer neuen bibellesewelt.de-Veröffentlichung “zum Anfassen”:

Die vorherigen Beiträge der Serie “entdeckt.” findest du hier:
Eine Sommerreise
Das Grollen des Himmels
Le souffle sur la vallée
Gottes Plan
unvergänglich

Mit folgenden Artikeln geht es weiter:
In Not alles gut?
Orientierung
Stopp es!
Der Sauhund
Seid heilig!
unbestechlich
100 %-Vertrauen


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Über den Autor:

Torsten Ratschat, gebo­ren 1967, ist leitender Angestell­ter in der Stahl­industrie. Er ist verhei­ratet und hat 3 erwach­sene Kinder.

„Allein die Tatsache, dass Gott durch die Bibel zu uns spricht, sollte uns motivieren neugierig zu werden und uns mit ihr zu beschäftigen.“

„Gott will, dass dein Leben gelingt! Dies zu entdecken wird das Beste sein, was dir je passieren kann!“

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