Im Stich gelassen

Lesezeit: 4 Minuten

Wer wird bei dir sein, wenn’s eng wird und es drauf ankommt?

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„Ich bin so bedrückt, ich bin mit meiner Kraft am Ende. Bleibt hier und wacht mit mir!“ (Matthäus 26, 38)

Stell’ dir mal vor

Wie würdest du reagieren, wenn ein guter Freund zu dir sagen würde, dass er echt fertig und am Ende ist? Sicher gingen bei dir direkt die „roten Lampen“ an und er hätte deine ganze Aufmerksamkeit. Du würdest alles tun, aber auf keinen Fall würdest du ihn in einem solchen Moment alleine lassen. Nicht so aber die Jünger Jesu …

Der Wendepunkt

Es waren intensive Momente gewesen an diesem Tag, an dem Jesus von einem seiner Gefährten verraten wurde und ihn schließlich alle seine Freunde im Stich ließen. Irgendwie waren die Ereignisse der letzten drei Jahre, in denen Jesus so eindrucks- und gleichzeitig geheimnisvoll in der Öffentlichkeit aufgetreten war, genau auf diese Stunden zugelaufen. Stand nun der Höhepunkt der ganzen Geschichte rund um diesen Mann aus Nazareth kurz bevor?

Zunächst hatten sie noch alle zusammengesessen in dem Obergemach, dass ihnen ein uns unbekannter Mann für das Passahmahl zur Verfügung gestellt hatte. Während Judas Iskariot insgeheim bereits an seinem heimtückischen Vorhaben arbeitete, ahnten die übrigen Jünger Jesu noch nicht, welch dramatische Momente vor ihnen lagen und dass nach diesem Abend nichts mehr so sein würde wie bisher.

Wissen …

Nur Jesus hatte das alles von Anfang an gesehen und durchblickt. Und er hatte genau gewusst, was nun zu tun war. Trotzdem, diese dichte und intensive gemeinsame Zeit mit den Jüngern, die Unterhaltungen, das Lehren und nicht zuletzt das Essen waren sehr anstrengend gewesen. Die größte emotionale Belastung muss jedoch für Jesus das Wissen darum gewesen sein, was ihm in Kürze bevorstehen würde.

Es ist manchmal tragisch und schlimm, dass wir meist kein Ahnung davon haben, was uns in den nächsten Stunden oder Tagen erwartet. Und so treffen uns viele Dinge völlig überraschend und wie aus heiterem Himmel. Rückblickend denken wir dann: „Oh, hätte ich das doch bloß vorher gewusst!“ und bedauern damit, dass wir uns nicht besser darauf vorbereiten konnten. Bestimmt hätten wir dann auch im Vorfeld manche Sachen anders gemacht. Sicher wäre in diesem Falle auch das ein oder andere Gespräch anders gelaufen.

… oder besser nicht

Andererseits ist es aber auch gut, dass Gott es so eingerichtet hat, dass wir unsere Zukunft nicht kennen. Welche Belastung wäre das im Alltag, wenn wir die schlimmen Momente oder die Schicksalsschläge, die uns oder unsere Lieben in den nächsten Tagen, Wochen oder Jahren erwarten, schon heute wissen würden? Insofern ist „Allwissenheit“ nicht unbedingt immer von Vorteil.

Ich stelle mir vor, dass es Jesus, als er mit den Jüngern an diesem besonderen Abend im Garten Getsemani angekommen war, genau so ergangen ist. Die letzten Tage und Stunden hatten an seinen körperlichen und insbesondere an seinen seelischen Kräften bereits tiefe Spuren hinterlassen. Aber er wusste in diesem Augenblick ganz genau: Das, was ihm jetzt bevorstand, würde das Schlimmste sein, was er als Mensch je durchzumachen hätte.

In größter Not

Genau das gab ihm nun den Rest. Er war völlig fertig, am Ende seiner Kraft, hatte große Angst und war zu Tode betrübt.1 Kein Wunder also, dass er in diesem Moment nicht allein sein wollte, dass er seine engsten Freunde jetzt wirklich brauchte. Auch wenn er nun die Gemeinschaft zu seinem himmlischen Vater im Gebet suchen wollte, so wäre es doch gut, seine Jünger wachend und betend hinter sich zu wissen, um ihm den Rücken zu stärken.

Völlig versagt

Doch Petrus, Johannes und Jakobus konnten das nicht. Sie konnten die Augen nicht mehr offen halten und schliefen ein …

Wenn wir dieses 26. Kapitel im Matthäusevangelium lesen und uns dort auf das Verhalten der Jünger konzentrieren, dann sehen wir dort Verrat2, Selbstüberschätzung3, Versagen4, unüberlegte Gewalt5, Todesangst und Flucht6 sowie Verleugnung7. Nüchtern betrachtet müssen wir daher leider sagen: Sie haben Jesus, ihren Freund, ihren Lehrer und Herrn, im Stich gelassen – und zwar so richtig!

Jesu Festnahme im Garten Getsemani
Bild von falco auf Pixabay

Alles kaputt?

Wie wäre es, wenn das dir so passiert wäre? Bist du schon einmal von einem Freund oder nahem Verwandten voll im Regen stehen gelassen worden? In einer Situation, in der es wichtig gewesen wäre, einen Beistand zu haben? Wenn ja, wie war das? Wie hat sich das angefühlt und was hat es mit dir gemacht?

Ich denke, das Normalste in der Welt ist es, dass nach so einem Vorfall diese Beziehung im Eimer ist. Wenn ein Freund sich so etwas leistet, dann ist die Freundschaft meist kaum noch zu retten. Denn wir müssen uns fragen: „Dem kann und will man doch nicht mehr vertrauen, oder?“

Nicht so aber bei Jesus! Wenn wir den biblischen Bericht mit offenen Augen und Herzen weiterlesen, dann gilt das nicht für ihn. Obwohl ihn alle seine Jünger verlassen, bleibt er ihnen treu. Das ist unglaublich, kaum zu verstehen und doch wahr!

Dies gipfelt für mich darin, dass Jesus in Matthäus 28, 20 diesen einen berühmten Satz sagt: „Und das sollt ihr wissen: Ich bin immer bei euch, jeden Tag, bis zum Ende der Welt.“

Gut, dass wir uns genau darauf verlassen können!


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1 vgl. Matthäus 26, 37 f.
2 vgl. Matthäus 26, 14 – 16 + 48
3 vgl. Matthäus 26, 35
4 vgl. Matthäus 26, 40 – 45
5 vgl. Matthäus 26, 51
6 vgl. Matthäus 26, 56
7 vgl. Matthäus 26, 69 – 75

Bibelverse zitiert aus:
Gute Nachricht Bibel, revidierte Fassung, durchgesehene Ausgabe, © 2000 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.


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Über den Autor:

Torsten Ratschat, gebo­ren 1967, ist leitender Angestell­ter in der Stahl­industrie. Er ist verhei­ratet und hat 3 erwach­sene Kinder.

„Gottes Plan beinhaltet, dass mit unbekannten Leuten an unwichtigen Plätzen zu belanglosen Zeiten etwas ganz Großartiges und Wunderbares geschieht.“

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Eine Antwort

  1. Günter Romer sagt:

    Ich glaube, im Stich gelassen zu werden ist für uns einfache Menschen sehr schmerzhaft. Wer das erlebt hast weiß das ganz genau. Um so eine Erlebnis zu verarbeiten braucht es mehr als nur einen Psychologen. Gut, dass Gott uns seinen Sohn in Christus Jesus geschenkt hat.

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